Lover oder Kohle

von: Marc Förster

Himmelstürmer Verlag, 2018

ISBN: 9783863616977 , 180 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 12,99 EUR

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Lover oder Kohle


 

Okay, ich gebe es zu. Leicht nervös war ich schon, als ich unweit der Phoenix Sauna in Essen stand. Schließlich hatte ich nur davon gehört, war nie drin gewesen, aber hatte echt voll Bock drauf. Zudem war ich spitz ohne Ende. Nur wichsen mit 19 ist eh langweilig. Und der Quicky im Freibad vor drei Tagen hatte mich eher noch geiler gemacht. Ich schloss kurz die Augen, um an den jungen Mann zu denken, er mich in die Kabine gedrückt hatte, um mir dann einen zu blasen. Das war irre gewesen. Auch wenn ich ihm meine Boysahne schon nach ein paar Minuten voll ins Gesicht gespritzt hatte.

Als ich die Augen wieder öffnete, stand vor dem Saunaeingang ein junger Typ in verdammt engen, coolen Jeans. Den gleich nackt sehen, fühlte ich, mein Dicker scheuerte hart gegen die dünnen Shorts. Ich packte kurz zu. Dann nahm ich allen Mut zusammen, um Richtung Eingang zu bummeln. Ganz lässig, auch wenn ich nun echt nervös und voll geil war.

In dem Augenblick klingelte mein Smartphone. Verdammt, warum hatte ich das Teil nicht längst ausgemacht? Ich kramte in meinen Shorts, schaute aufs Display. Meine Ma. Und das am frühen Nachmittag mitten in der Woche.

„Hallo, Ma.“

„Hallo, Andy. Bist du in der City oder im Freibad?“

„Noch City. Ist was passiert?“

„Ja. Nein. Du, kannst du zu deinen Großeltern kommen? Gleich?“

Ich war nun echt verwundert.

„Kann ich. Was ist denn Sache?“

„Ach, nichts. Ich, wir möchten nur mit dir etwas besprechen.“

„Wir?“

„Dein Großvater und ich. Bis gleich.“

Knack.

Verwundert schaute ich aufs Handy. Sie hatte aufgelegt. Da stimmte doch was nicht. Mit einem Seufzer schaute ich zur Sauna rüber. Der Typ von eben hatte sich sicher inzwischen längst von seiner Jeans getrennt. Und ich? Blieb nur, später doch zu wichsen und den Besuch nachzuholen.

Ich streichelte ganz dezent kurz über meine Beule. Mein Dicker war immer noch hart. Dann lief ich zum Rad.

Was konnten die beiden nur wollen? Meine Mutter hatte echt leicht nervös geklungen. Noch einmal übers Studium sprechen? Ab Mitte Oktober wollte ich Kunst und Bio studieren. Beides interessierte mich. Auch wenn ich keinen Bock draufhatte, Teacher zu werden. Aber Opa hatte ja gemeint, da könnte sich noch viel ergeben. Wie bei meiner Mutter. Sie war inzwischen als Ärztin tätig und hatte ihr Leben im Griff. Was nicht immer so gewesen war. Ich war dabei wohl ihr größter Fehler. Mit 18 ungewollt schwanger. Immerhin, sie hatte mich nicht abgetrieben, liebte mich heiß und innig und auch für meine Großeltern war ich der große Hit. Bei denen war ich quasi erwachsen geworden. Meine Ma dagegen war eher die große Schwester gewesen.

Noch ganz in Gedanken, erreichte ich mein Rad, um dann Richtung Baldeney See zu fahren. Fast am Wasser wohnten meine Großeltern. Ich liebte das alte Haus, in dem ich groß geworden war und in das ich bald wieder einziehen würde. Über der Garage gab es nämlich ein kleines Apartment. Die Studentenbude meines Onkels stand aber nun schon länger leer. Mein neues Reich, während meine Mutter mit ihrem inzwischen Langzeitlover zusammenziehen würde. Den Doc mochte ich zwar, aber als Daddy passte er nicht so wirklich in mein Leben. Wobei ich meinen richtigen Dad überhaupt nicht kannte. Die kurze Beziehung meiner Mutter, mit mir als Folge, hatte in ihm wohl keine Vatergefühle ausgelöst.

Daher hatte ich ihn auch nie vermisst. Zudem es meine Großeltern gab. Und Opa war echt klasse. Sogar mein Coming-out vor ein paar Monaten hatte er echt lässig aufgenommen. Meine Mutter eh.

 

Der Druck in meinen Shorts war verflogen, die Neugierde blieb, als ich das Haus meiner Großeltern erreichte. Sie hockten mit meiner Mutter auf der Terrasse.

„Hallo, zusammen. Musst du heut nicht arbeiten?“

Die Frage galt meiner Ma, die ebenfalls in Shorts und einer roten Bluse in einem der Korbsessel hockte.

„Hallo, Andy. Freier Mittag. Ich geh nachher mit Bernd Möbel aussuchen für die neue Wohnung. Sollen wir dir auch etwas aussuchen?“

Sie lächelte mich an.

„Danke. Aber mir gefällt die Bude, so wie sie ist.“

Ich deutete zur Garage rüber. Darüber war mein neues Reich. Die Studentenbude meines Onkels Stefan.

„Wie du magst. Kaffee?“

Sie schien irgendwie nervös zu sein.

Ich schüttelte den Kopf.

„Nachher was Kaltes. Aber deshalb hast du doch nicht angerufen, um hier einen auf Familienidylle zu machen?“

„Andy.“

Meine Oma schüttelte leicht belustigt den Kopf. Immerhin, sie schien gut drauf zu sein. Dann konnte es so schlimm nicht sein, weshalb ich herbei zitiert worden war.

Es war Opa, der mich dann ernst anschaute. Er nickte meiner Mutter zu, eh er noch einen Schluck Kaffee nahm.

„Deine Mutter hat heute Post bekommen.“

Er deutete auf ein dickes Kuvert, das auf dem Tisch lag und mir erst jetzt auffiel.

„Wirst du befördert oder bist du schwanger?“

Ich versuchte es lässig, fühlte aber weiter die Anspannung bei meiner Ma.

„Weder noch. Andy, es geht um deinen Vater.“ Natürlich mein Opa, der die Sache in die Hand nahm.

„Ach. Er will mich sehen?“

Ich war echt gelangweilt. Darauf hatte ich ja nun Null Bock.

„Nein. Seine Mutter hat geschrieben. Dein Vater ist vor ein paar Wochen gestorben.“

Opa schaute mich an, als wäre er noch der Arzt in seiner Praxis.

„Ups“, entfuhr es mir nur.

„Er hatte einen Herzinfarkt. Seine Mutter hat nun die Unterlagen für seine Vaterschaft und auch seine monatlichen Zahlungen gefunden.“

„Ach. Und die fallen nun weg?“

Kohle hatte mich nie wirklich interessiert.

„Sie war überrascht, aber nun möchte sie dich kennenlernen.“

„Krass.“

Ich runzelte die Stirn. Auf eine alte Frau hatte ich noch weniger Bock.

Meine Oma aber legte mir kurz die Hand auf die Schulter.

„Sie ist auch deine Großmutter und wohnt an der Mosel.“

„An der Mosel?“

Es klang wie Lüneburger Heide. Auf alle Fälle voll uncool.

„Dein Vater kam von einem Weingut dort. Er war aber als Architekt in Hamburg tätig. Wohl relativ erfolgreich, schreibt sie. Sie selber leitet das Gut und lädt dich dorthin ein. Sie hat einige Fotos mitgeschickt.“

Opa nahm das Kuvert zur Hand, um mir dann vier Bilder über den Tisch zu schieben.

WhatsApp hat sie wohl nicht, musste ich beinahe lachen. Besann mich dann aber.

Auf den Bildern war ein gelbes riesiges Haus abgebildet. Kein Gut, eher schon ein Schloss, dachte ich.

„Schicker Kasten“, schaute ich mir dann die zwei Fotos meiner neuen Großmutter an.

Eine elegante Dame, mit dunkelbraunen Haaren. Sie schien um die 60 zu sein.

„Sind das alte Fotos? Die wirkt noch so jung. Dachte, mein Erzeuger ist viel älter als du gewesen?“

Die Frage galt meiner Mutter.

„Robert ist 52. Geworden“, fügte sie dann dezent dazu.

„Vierzehn Jahre“, gab ich zurück.

„Deine Großmutter ist 72, schreibt sie.“

Opa schaute mich weiter mit Röntgenblick an.

„Gut gehalten oder echt alte Fotos“, blickte ich nun das zweite Foto an.

„Ich will nun doch einen Kaffee“, schaute ich dann in die Runde.

„Du möchtest“, schob Oma mir eine Tasse rüber.

„Auch.“

Ich zwinkerte ihr zu.

„Und?“

Meine Mutter wirkte immer noch nervös.

„Wie und?“

Sie deutete auf den Brief.

„Ob ich dahin fahre? Mosel? Weiß nicht. Eher weniger. Oder?“

Gab es da nun Erwartungen?

Während ich mir zwei Löffel Zucker in den Kaffee kippte, schaute ich erneut zu meinem Großvater rüber. In so einer pikanten Sache war er es, der immer eine vernünftige Meinung hatte.

Doch diesmal schwieg er, um sich nun selber die Fotos anzusehen.

„Soll ich da echt hin? Ihr reicht mir doch vollkommen. Die haben sich nie um mich gekümmert.“

Fast trotzig schaute ich zu meiner Mutter rüber.

Bis Opa sein Schweigen brach.

„Es schaut ganz so aus, als ob deine andere Großmutter nichts von deiner Existenz wusste. Ich war immer der Meinung, Menschen eine Chance zu geben. Besonders der eigenen Großmutter.“

Er zwinkerte mir zu.

„Ihr Sohn hat mir auch nie eine Chance gegeben. Kein Interesse gehabt.“

War ich nun bockig. Plötzlich nervte mich die Sache. Dabei wollte ich doch nur meine freie Zeit bis zum Studium genießen und endlich in die Gay Sauna. Ganz kurz nur schloss ich die Augen. Der Typ in der geilen Jeans hatte nun sicher grad Fun mit einem anderen Kerl. Und ich.

„Mütter können nichts für die Fehler ihrer Kinder.“

Das kam nun von meiner Oma. Ich fasste es nicht. Meine eigenen Großeltern wollten scheinbar, dass ich diese fremde Frau kennenlernen sollte.

„Bis wann muss ich mich entscheiden? Jetzt gleich?“

Fragend schaute ich wieder Opa an.

„Fristen gibt es keine. Okay wäre auch...