Die Waffensachkundeprüfung - Rechtliche, technische und praktische Grundlagen gemäß § 7 WaffG

von: Helmut Kalbfleisch

Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG, 2017

ISBN: 9783415060463 , 114 Seiten

Format: ePUB

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Preis: 28,99 EUR

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Die Waffensachkundeprüfung - Rechtliche, technische und praktische Grundlagen gemäß § 7 WaffG


 

2 Waffenkunde


Prüfungsrelevanz

Die Waffensachkundeprüfung ist die praktisch und rechtlich konsequente Umsetzung des Waffenrechts. Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die wichtigsten, in der Waffensachkundeprüfung relevanten Waffensysteme und Waffenbezeichnungen. Die Prüfungsbewerber müssen die grundlegenden Unterschiede zwischen Lang- und Kurzwaffen sowie die wichtigsten Unterscheidungskriterien zwischen Büchse und Flinte, Pistole und Revolver sowie die unterschiedlichen Munitionsarten sicher beherrschen.

2.1 Langwaffen


2.1.1 Definition


Langwaffen sind Schusswaffen, deren Lauf und Verschluss in geschlossener Stellung insgesamt länger als 30 cm sind und deren kürzeste bestimmungsgemäß verwendbare Gesamtlänge 60 cm überschreitet (Anl. 1, A 1, UA 1, Ziff. 2.5 WaffG).

2.1.2 Büchse


Bei den Langwaffen (Gewehre) wird zwischen Büchsen und Flinten unterschieden. Beide Waffenarten können ein- oder mehrläufig sein. Man spricht von einer Büchse, wenn das Gewehr einen gezogenen Lauf besitzt. Der sogenannte gezogene Lauf verleiht dem Geschoss einen Drall. Dieser stabilisiert das Geschoss um die Längsachse, damit es sich nicht „überschlägt“ und auch noch auf Entfernungen von mehreren hundert Metern präzise ist. Je nach Beschaffenheit des gezogenen Laufs, der Dralllänge (Entfernung, bei der sich das Geschoss einmal um die eigene Achse dreht) und der Geschossgeschwindigkeit kann die Drehzahl bis zu 3500 Umdrehungen in der Sekunde betragen!

Bei den Gewehren mit gezogenen Läufen wird unterschieden zwischen:

  • Gewehre, die zum Antrieb keine Munition (im waffenrechtlichen Sinn) verwenden, wie beispielsweise Luftdruck-, Druckluft- oder CO2-Gewehre.

Abbildung 1:  Jagdgewehre von oben: 1) Repetierbüchse, System Mauser 98, Kal. .308 Win., Repetiergewehr. 2) Repetierbüchse, System Mannlicher-Schönauer Mod. GK, Kal. 7 x 64. 3) Selbstladebüchse, Gasdrucklader Mod. Remington 742, Kal. .308 Win.

Abbildung 2:  Kleinkalibergewehre (alle Kaliber .22 long rifle oder .22 lfB): von oben: 1) Wettkampfbüchse, Fa. Walther für sportliches Schießen auf 50 m (Einzellader) mit sogenannter Diopter-Visierung. 2) Jagdbüchse für Kleinwild, Brünner Waffenwerke, Mod. 2 (Mehrlader) mit Zielfernrohr. 3) Selbstladebüchse, Erma EGMI, Mod. 70 mit Rotpunktvisier.

  • Gewehre, die Randfeuerpatronen verschießen, wie beispielsweise sogenannte Zimmerstutzen mit 4 mm Randzündern oder sogenannte Kleinkalibergewehre im Kal. 5,6 mm lfB (Lang für Büchsen) im Zollmaß Kal. .22 long rifle (Sportgewehre z. B. beim Biathlon).
  • Jagd- und Sportgewehre ab Kaliber 5,6 mm mit Zentralfeuerzündung, also Jagdbüchsen und Sportbüchsen für das Scheibenschießen, auch auf Entfernungen von mehreren hundert Metern.

2.1.3 Flinte


Die Flinte hat einen glatten Lauf im Gegensatz zu der Büchse mit einem gezogenen Lauf. Aus dem Lauf der Flinte werden auch keine Einzelgeschosse verschossen, sondern sogenannte Schrote. Die Verwendung der Flinte hat aus sich aus den Erfordernissen der Jagd auf sogenanntes Niederwild (Hase, Kaninchen, Fuchs, Dachs und Flugwild) waffentechnisch entwickelt. Waren die Flinten zunächst einläufig, entwickelten sich recht schnell doppelläufige Waffen, damit ein schneller zweiter Schuss abgegeben werden konnte, um der jagdlichen Situation gerecht zu werden. Die Schussentfernungen betragen in der Regel nicht mehr als 50 Meter. Überwiegend wird auf Entfernungen zwischen 20–40 Meter geschossen.

Mit zunehmender Entfernung nimmt auch die Streuung der Schrotgarbe stark zu und die Schrote verlieren recht schnell an Energie. Die Schrotgröße, also der Durchmesser des Schrotkorns, variiert auf Grund jagdlichen Einsatzes in der Regel zwischen 2 und 4 mm. Die 2mm-Schrote werden für die Jagd auf kleines Flugwild verwendet, die sogenannten groberen Schrote von 4 mm für Fuchs und Dachs. Für Schalenwild (Rehe, Hirsche und Wildschweine) ist nach dem deutschen Jagdgesetz der Schrotschuss verboten!

Abhängig von der Schrotgröße sind in einer Schrotpatrone bis zu 500 Einzelschrote vorhanden. Bei starken Schrotpatronen werden bis ca. 50 Gramm Schrotmasse verschossen, dabei entspricht die Bewegungsenergie einer üblichen Büchsenpatrone (ca. 3500 Joule). Bekannt sind die schießsportlichen Disziplinen des Schrotschießens, das Skeet- und Trapschießen auf Wurfscheiben. Dabei werden die Wurfscheiben (früher nannte man sie Tontauben) von unterschiedlichen Positionen und Entfernungen beschossen. Die Schrotgrößen betragen hierbei 2 bzw. 2,5 mm. Die Schrotmasse ist für den sportlichen Einsatz auf 24 Gramm begrenzt.

Sportlich werden heute überwiegend sogenannte Bockflinten verwendet. Bei diesem Gewehr sind die Schrotläufe übereinander angeordnet, also aufgebockt – daher die Namensgebung. Man spricht von Bockwaffen, wenn die Läufe übereinander angeordnet sind, also auch bei Büchsen oder kombinierten Jagdwaffen mit Büchsen- und Schrotläufen. Die Namensgebung hat also mit dem Schuss auf den Rehbock nichts zu tun! Bei Flinten, deren Läufe nebeneinander angeordnet sind, spricht man von Querflinten oder Doppelflinten.

Abbildung 3:  von oben: 1) Bockflinte mit geöffnetem Verschluss, Fabrikat Rottweil, Kaliber 12/70. 2) Vorderschaft-Repetierflinte (Pumpflinte), Fabrikat Mossberg, Kaliber 12/76.

Abbildung 4:  Mündungen einer Bockflinte (rechts und links – deutlich erkennbar – die glatten Läufe Kaliber 12; der linke Lauf hat eine sogenannte Skeet-Bohrung für kurze Schussentfernungen, der rechte Lauf hat Choke-Bohrungen ½ und 1/1 für jagdliche Entfernungen). Bei dem mittleren Lauf handelt es sich um die Mündungsansicht einer sogenannten Bockbüchsflinte im Kal. 16/70 und .222 Rem. mit der Besonderheit, dass in den Schrotlauf ein mündungslanger Einstecklauf im Kal. .30–30 Win. eingelegt ist. Dieser kann an der Mündung mit vier Schrauben eingestellt werden, sodass er mit dem unteren Kugellauf „zusammenschießt“.

Abbildung 5:  Verschlusskasten der Bockflinte (Mitte), die sogenannte Basküle – deutlich erkennbar sind die seitlichen und unteren Aussparungen, in die die Verriegelung des korrespondierenden Verschlussstückes der Laufpaare (links und rechts) eingreifen.

Wissenswert ist weiterhin, dass aus dem Flintenlauf auch sogenannte Flintenlaufgeschosse verschossen werden können. Wie viele Neuerungen in der Waffentechnik wurde auch das Flintenlaufgeschoss auf Grund jagdlicher Anforderungen entwickelt. Bei Treibjagden auf Niederwild (z. B. Hase und Fasan) kann es vorkommen, dass sich Wildschweine in dem sogenannten „Treiben“ befinden. Da die Jäger bei den Treibjagden in der Regel nur eine Flinte führen, wäre nur ein Schrotschuss auf ein Wildschwein möglich. Da dies jedoch jagdrechtlich verboten ist, kann der Jäger in einer solchen Jagdsituation schnell „umladen“ und das Wildschwein mit dem Flintenlaufgeschoss beschießen. Dabei muss er allerdings beachten, dass die Schussentfernung maximal 50 m betragen sollte, denn hinsichtlich der Präzision können die Flintenlaufgeschosse nicht mit Büchsengeschossen verglichen werden. Für die jagdliche Praxis reicht ein Streukreis vom Durchmesser eines Bierdeckels auf 40–50 m für Flintenlaufgeschosse aber vollkommen aus. Die Geschossenergie der Flintenlaufgeschosse entspricht in etwa der von gängigen Büchsengeschossen.

Abbildung 6:  Jagdlich und sportlich genutzte Bockflinte (mit Skeet-Austauschlauf) in für Transport und Reinigung zerlegtem Zustand. Deutliche Gebrauchsspuren sind erkennbar – mit der Flinte wurden aber auch mehrere tausend Schuss abgegeben! Der Verschluss selbst zeigt keinerlei Verschleißerscheinungen und schließt noch vollkommen „dicht“. Über dem sogenannten Hinterschaft mit Verschluss und Abzugseinrichtung liegt der sogenannte Vorderschaft, rechts daneben eine Pufferpatrone, die dem schonenden „Abschlagen“ dient, und eine Jagdpatrone.

Abbildung 7:  Schrotpatronen – v.l.n.r.: abgeschossene Patrone (erkennbar die offene Bördelung). Patronen mit der Angabe der Hülsenlänge 67,5 mm und 70 mm. Patrone mit Flintenlaufgeschoss und max. Gasdruckangabe. Schrote mit Schrotbeutel aus Plastik (damit wird eine Berührung der Schrote mit dem Lauf vermieden, somit keine Verformung der Schrote, bessere Abdichtung im Lauf und auch gleichmäßigere Streuung der Schrote). Flintenlaufgeschoss Kal. 12 (Fabrikat Brenneke).

Allerdings nimmt die Geschossenergie gegenüber den Büchsengeschossen...