Emmi & Einschwein 2. Im Herzen ein Held!

von: Anna Böhm

Verlag Friedrich Oetinger, 2018

ISBN: 9783960520771 , 224 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

Mac OSX,Windows PC für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 9,99 EUR

eBook anfordern eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Emmi & Einschwein 2. Im Herzen ein Held!


 

In diesem Kapitel wird’s laut und trollig


Antonia und der Wurm, Emmi und Einschwein fuhren mit dem Bus zu Herrn Bockel. Der gelbe Bus hatte weich gepolsterte Sitze und war um diese Zeit ziemlich voll, weil viele Wichtelstädter von der Arbeit kamen. Emmi und Antonia quetschten sich mit ihren Fabelwesen auf einen Sitz direkt hinter dem Busfahrer.

»Du, Emmilein, wenn ich Bus fahre, kriege ich immer diesen Hunger«, erklärte das kleine Schwein.

Emmi musste lächeln. »Du bist noch nie Bus gefahren«, sagte sie und kraulte es hinter den Ohren.

»Nee. Aber ab heute ist es immer so bei mir. Bis es nicht mehr so ist. Verstehste? Beim Busfahren fühle ich mich so gemütlich«, sagte Einschwein. »Und gemütlich macht hungrig.«

»Geht mir genauso«, sagte der Busfahrer, ohne sich umzudrehen. »Jeden Tag fahre ich an der Pizzeria vorbei, und dann denke ich nur noch an eins: Pizza! Bloß kann ich ja nicht anhalten und mir eine kaufen.«

Einschwein sah Emmi an und grinste. Sein Horn begann zu leuchten. Plötzlich lag vor dem Busfahrer, mitten auf dem Lenkrad, eine runde Spinatpizza.

»Ist schon geschnitten«, sagte Einschwein.

Der Fahrer bedankte sich überschwänglich und biss glücklich in ein Stück Pizza.

Emmi betrachtete ihr Schwein. Beim Wunsch-Restaurant hatte es nichts als Chaos verzapft. Und plötzlich konnte es genau das herbeiwünschen, was der Busfahrer wollte? Wenn sie doch nur mehr über diese Kulinarische Magie wüsste!

An der Station Wetterhexen-Brunnen stiegen sie aus. In der Mitte des Brunnens schoss eine hohe Fontäne in die Luft. Als sie um das gemauerte Becken herumliefen, legte sich feiner Sprühregen auf ihre Gesichter. Einschwein war begeistert und sprang in den Brunnen. Emmi schimpfte, und Einschwein sprang wieder heraus, war nun allerdings sehr nass.

Sie bogen in die Riesenstraße ein.

Gleich am Anfang der Straße stand ein Haus. Ein riesiges Haus. Emmi wusste von Opa, dass dort vor fünfzig Jahren ein besonders großer Riese gewohnt hatte. Weil seine Besitzerin nicht wollte, dass er im Freien schlief, ließ sie ein Haus bauen, in das er hineinpasste.

Einschwein blieb vor der Eingangstür stehen und sah hoch zu der Klinke, die unerreichbar weit oben zu sein schien.

»Vor der Riesentür siehst du aus wie ein kleiner Käfer«, sagte Emmi.

Einschwein zeigte auf sein Horn. »Wie ein Einkäfer«, sagte es und kicherte.

Alle anderen Häuser in der Riesenstraße erschienen dagegen klein. Sie erreichten das Haus Nummer 13, in dem Herr Bockel wohnte. An der Seite, direkt vor dem Bordstein, stand ein Mann.

Antonia stieß Emmi an. »Ist das etwa Bockel?«, fragte sie.

Emmi sah genauer hin. Der Mann trug ein lila Jacket aus Seide, dazu ein rosa Hemd und eine schicke Jeans. Auf seinem Schlips prangten süße Kätzchen. Das Haar trug er zur Seite gekämmt, außerdem hatte er einen ordentlichen Schnurrbart. In den Händen hielt er mehrere Taschen.

Emmi konnte es nicht fassen. Dieser feine Herr war wirklich Herr Bockel! Er wirkte aufgeregt, guckte ständig hin und her und bemerkte die Mädchen nicht.

Sie gingen näher heran, und Emmi erkannte die kleine Flussjungfrau Alva. Bis zu der tragischen Verwechslung war sie das Fabelwesen von Antonia gewesen, und die beiden hatten sehr gut zusammengepasst.

In ihrer Wolke schwebte Alva jetzt über Bockel und ermahnte ihn, nicht die Nase hochzuziehen, sondern lieber die Hose. Nicht so krumm dazustehen. Sie fragte, ob er seinen Kamm dabeihätte. Er sagte Ja. Sie fragte, warum er ihn in Gottes Namen nicht benutze.

»Meine süße Alva!«, rief Antonia. Als Alva nun auch Antonia erblickte, kreischte sie auf vor Begeisterung, und die beiden umarmten sich. Das sah lustig aus, weil Alva so winzig war.

Vom Kreischen aufgeschreckt, drehte sich der feine Herr Bockel um und entdeckte die Kinder. Er starrte sie an wie eine Gruppe Marsmännchen auf Sommerurlaub. »Was habt ihr denn hier zu suchen?«, fragte er mit grimmigem Blick.

Sofort waren Emmis schlimme Erinnerungen an die Drachenhalle wieder da. Sie nahm ihr Schweinchen auf den Arm und drückte es ganz fest.

Einschwein indes schien nicht von Angst geplagt zu werden. »Du siehst irre schick aus, Bockel«, sagte es. »Wie ein Ansager aus dem Fernseher.«

»Ich habe ihn so hübsch gemacht«, sagte die kleine Flussjungfrau.

Der Spuckewurm prustete. »Das ist unser hässlicher Bockel?«, fragten die beiden Würmer wie aus einem Mund, und ein ordentlicher Schwung Spucke landete auf dem seidenen Sakko.

Sofort fauchte Alva los. »Spinnst du, du spuckende Katastrophe? Die Sachen kommen frisch aus der Reinigung.«

Erstaunt sah Bockel in den Puppenwagen und betrachtete den doppelköpfigen Wurm. »Die Schleifen stehen dir nicht«, sagte er. »Und du hast abgenommen.«

»Weil wir keine Chips mehr essen dürfen«, beschwerte sich Spucki.

»Nur noch Gemüse«, murrte Zucki. »Den ganzen Tag.«

Die Würmer regten sich über Antonias gesunde Ernährung auf. Worte wie Gemüse-Terror und Vitamin-Vergiftung fielen.

Antonia drückte Bockel den Puppenwagen in die Hand. »Du kannst deinen ungesunden Chips-Wurm wiederhaben. Wir tauschen unsere Fabelwesen zurück.«

Bockel runzelte die Stirn. »Das geht gar nicht.«

Antonia zeigte auf Emmi. »Doch! Ihr Opa hat’s rausgefunden.«

Emmi fing an, von Heribert Senf und seinem Buch zu erzählen. Allerdings kam sie nicht über den zweiten Satz hinaus, denn es hupte – drei Mal und so laut, dass Emmi erschrocken herumwirbelte. Ein rotes Auto bremste neben ihnen. Es war ein Cabriolet, und das hieß, dass man das Dach des Autos nach hinten klappen konnte.

Im Auto saß ein Mann mit Glatze.

»Das ist mein Bruder«, sagte Bockel und seufzte.

Der Bruder winkte, ohne zu lächeln. Er hatte genau so eine lange Nase wie Herr Bockel. Allerdings war er nicht dünn. Er war massig, und das gelbe Hemd spannte über seinem Oberkörper. Gegen sein Fabelwesen wirkte er trotzdem klein und zart.

Das Fabelwesen war ein draller, haariger Kerl von der Größe eines Kleiderschranks.

»Ist das ein Troll?«, fragte Emmi etwas erschrocken.

»Das ist ein Troll. Ein Grüner Bärbeißer, um genau zu sein«, erklärte Herr Bockel.

Einschwein sprang auf Emmis Arm. »Groß«, sagte es nur.

Emmi dachte, dass der Troll bestimmt nicht in ein normales Auto passen würde. Deshalb fuhren sie wohl mit einem Cabriolet.

»Sieht nicht gerade nett aus«, sagte Antonia.

»Man soll jemanden nicht nach dem Aussehen beurteilen«, stieß Herr Bockel zwischen den Zähnen hervor, gerade so laut, dass Emmi und Antonia es hören konnten. »Aber in diesem Fall passen Außen und Innen genau zusammen. Der Troll ist genauso fies und grob, wie er aussieht.«

Der Grüne Bärbeißer sah wirklich nicht besonders liebenswert aus, trotzdem gaben diese Worte Emmi zu denken. »Sie mögen das Fabelwesen von Ihrem Bruder nicht?«

Bockel schüttelte den Kopf. »Nein, mag ich nicht.« Dann winkte er seinem Bruder und dem Troll übermäßig freundlich zu.

»Mach hin!«, rief der Bruder. »Wir müssen los. Mutti wartet.«

Wortlos drückte Herr Bockel Antonia den Wurm-Wagen wieder in die Hand und wandte sich zum Cabriolet seines Bruders.

Sofort schwebte Alva vor seine Nase und sah ihn zornig an. »Das ist sehr unhöflich von dir! Emmi war mitten im Satz. Du hörst dir jetzt an, was die Mädchen zu sagen haben!«, befahl sie.

»Ich mach ja schon. Reg dich nicht auf, meine Liebe«, sagte Herr Bockel. Er drehte sich wieder zu Emmi um.

»Er hört wirklich gut«, sagte Einschwein und lachte.

Der Bruder hupte wieder und winkte ungeduldig zu Bockel herüber. Ärgerlich rief er, dass Mutti es nicht leiden konnte, wenn sie zu spät kamen.

»Einen Moment noch!«, rief Bockel zurück.

Emmi berichtete, was im Buch von Heribert Senf über den Rücktausch gestanden hatte. Alva freute sich so sehr, dass sie lauter kleine Herzen aus ihrer Wasserwolke formte. »Bald bin ich wieder bei dir«, sagte sie und warf Antonia Herzwolken zu.

Allerdings merkte Emmi, dass Herr Bockel seine buschigen Brauen zusammenzog. »Man kann sie zurücktauschen?«, fragte er und guckte die Mädchen so böse an, als wäre er auch ein Grüner Bärbeißer.

»Ihr müsst das nur alle vier ganz dolle kräftig von Herzen wollen. Und dann klappt das Getausche wie am Schnürchen«, erklärte Einschwein.

Bockels Miene hellte sich auf. »Ach, wirklich? Wie schön.« Als er weitersprach, betonte er jedes Wort einzeln. »Ich, Sigibert Bockel …«

Antonias Lachen unterbrach ihn. »Du heißt nicht wirklich Sigibert, oder?«

Herr Bockel sah sie böse an. »Doch!« Er fing noch mal von vorn an. »Ich, Sigibert Bockel …«

Wieder hupte der Bruder. Dann stieg er ärgerlich aus seinem Cabriolet und kam auf die kleine Gruppe zu. Sein Troll stapfte hinterher. Die Brüder gaben sich die Hand. Das fand Emmi sehr merkwürdig, denn sie und Meike und Fiete umarmten und knuddelten sich. Aber bei diesen Brüdern – nur ein Handschlag. Und nicht mal ein Lächeln.

Der Bruder stellte sich als Bernward Bockel vor. Wieder lachte Antonia über den Namen und fragte, ob das ein Witz sein solle. Da riss der Grüne Bärbeißer seinen Mund auf. Vielleicht kennt ihr ja auch einen Troll? Dann wisst ihr schon, dass sie sich mit ihrer Brüllerei überall unbeliebt machen. Dieser Troll brüllte sogar so laut, dass die kleine Alva ein Stück nach hinten flog. Scharfe gelbe Zähne blitzten in seinem Mund.

»Das ist der Bero. Der tut nix«, sagte Bernward über seinen Troll. »Aber ihr...