Baccara Gold Band 4

Baccara Gold Band 4

von: Alexandra Sellers, Michelle Celmer, Kristi Gold

CORA Verlag, 2018

ISBN: 9783733724603 , 448 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

Mac OSX,Windows PC für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 5,99 EUR

eBook anfordern eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Baccara Gold Band 4


 

1. KAPITEL

Das grün-weiße Wasserflugzeug streifte fast die Wipfel der Bäume, als es mit dröhnendem Motor zur Landung auf dem größeren der zwei Seen ansetzte, die Teil einer weitläufigen Seenplatte bildeten. Clio Blake, die mit einem Motorboot das Fahrwasser einer Jacht schnitt, die gerade vor ihr den Kanal verlassen hatte, hörte zuerst das laute Brummen. Als das Flugzeug dann über ihren Kopf hinwegbrauste, schaute sie auf und wünschte sich, dass sie Zauberkräfte besäße, mit denen sie es verschwinden lassen könnte.

Sie wollte ihn nicht hier haben. Er hätte nicht kommen dürfen. Das war nicht richtig.

Clio drosselte das Tempo und steuerte das Boot in den schmalen Kanal, der die beiden Seen miteinander verband. Ein Schild wies auf die hier geltende Geschwindigkeitsbegrenzung hin und warnte Bootsfahrer vor der Gefahr, dass das Aufwirbeln des Wassers den Uferrand zerstörte.

Vom Kanal aus gelangte Clio in den größeren See. Widerstrebend erhöhte sie das Tempo wieder und fuhr quer übers Wasser zum Anlegeplatz der Flugzeuge. Die Twin Otter drehte schon auf der Wasseroberfläche, bereit, wieder abzuheben.

Also war er gekommen. Nichts hatte seine Ankunft verhindert. Als sie sich bei diesem Gedanken ertappte, verzog Clio das Gesicht. Hatte sie unbewusst gehofft, das Flugzeug würde abstürzen?

Daran konnte man erkennen, wie heftig sie ihn ablehnte. Aber ihre Eltern hatten nicht auf sie hören wollen. Ihre Schwester Zara hatte ihn hier haben wollen, und was Zara sich wünschte, das bekam sie auch. Deshalb war Prinz Jalal ibn Aziz ibn Daud ibn Hassan al Quraishi, der soeben entdeckte Neffe der Herrscher der Emirate von Barakat, hergekommen. Und das für den ganzen Sommer.

Ob Prinz Jalal sich noch an ihre letzte Begegnung erinnerte? „Es ist gefährlich, dir einen Mann zum Feind zu machen, dessen Stärke du nicht kennst“, hatte er da gesagt.

Auf die Drohung hatte sie geringschätzig reagiert und ihn herausfordernd angeschaut, als wollte sie sagen: Du und wessen Armee? Aber damit hatte sie in Wirklichkeit nur überspielt, dass sie sich von ihm bedroht fühlte. Kein Wunder, er war der Mann, der ihre Schwester als Geisel genommen hatte, um die Prinzen der Emirate von Barakat zu erpressen.

Es hätte wer weiß was passieren können. Sie mussten sich alle glücklich schätzen, dass es ohne Blutvergießen ausgegangen war. Ihr hatte es jedenfalls gereicht, um ihn für immer als Feind zu betrachten. Das hatte sie ihm auch bei der märchenhaften Hochzeit von Prinz Rafi mit ihrer Schwester Zara erklärt. Für sie, Clio, waren die Feierlichkeiten durch die Gegenwart eines solchen Mannes wie Jalal schwer belastet gewesen, auch wenn er auf die unglaublichste Art und Weise von einem Banditen zum Prinzen geworden war.

„Es ist gefährlich, dir einen Mann zum Feind zu machen, dessen Stärke du nicht kennst.“

Clio fröstelte. Zweifellos würde sie seine Stärken wie auch seine Schwächen in diesem scheußlichen Sommer gut kennenlernen. Eines jedoch stand fest. Sie würde ihm niemals verzeihen, was er ihnen angetan hatte, die Hölle, die sie seinetwegen durchgemacht hatten, und das Risiko, das er eingegangen war.

Was immer Jalals Stärken sein mochten, für sie würde er nie etwas anderes sein als ein Feind.

Clio hatte ihre ältere Schwester ziemlich vergöttert, obwohl nur knapp drei Jahre sie trennten. „Zary“, hatte Clio zu ihr gesagt, gleich von dem Tag an, als sie sprechen konnte.

Beide sahen sie ihrer Mutter ähnlich. Sie hatten schwarzes Haar, dunkelbraune Augen und einen zarten Knochenbau, aber Clio war sich bewusst, dass sie mit ihrer Schwester nicht konkurrieren konnte. Zaras Haar fiel in dichten Locken auf ihren Rücken, während ihres glatt war. Mit den leicht schräg stehenden Augen und der zerbrechlichen Figur wirkte Zara wie eine Märchenfee. Dunkle, gerade Brauen zierten Clios Augen und ließen sie ernst erscheinen. Sie hatte lange dichte Wimpern und volle sinnliche Lippen wie ihr Vater anstatt des herzförmigen Mundes, den Zara von der Mutter geerbt hatte.

Im Alter von elf Jahren war Clio bereits größer und kräftiger gewesen als ihre ältere Schwester. Und obwohl sie jünger war, hatte sie sich für Zara verantwortlich gefühlt und sich für sie eingesetzt. Dabei vermochte ihre Schwester sehr wohl auf sich selbst aufzupassen.

So wie jetzt auch. Zara hatte Jalal verziehen, was er ihr angetan hatte. Clio war sicher, dass sie das nie fertigbringen würde. Zara hatte sogar ihre Familie gebeten, ihn über den Sommer aufzunehmen, damit er seine Englischkenntnisse verbessern konnte, bevor er sich an einer Universität einschrieb.

Clio war entsetzt gewesen und hatte sich gegen seine Bewirtung gewehrt. Aber sie hatte verloren. Jetzt war sie hergekommen, um Jalal, den Banditen, abzuholen, dessen Flugzeug hier im Inneren von Ontario gelandet war, dem herrlichsten Feriengebiet, in dem ihre Familie lebte und arbeitete.

Jalal stand mit zwei Reisetaschen am Anlegeplatz. Er hatte sich den gepflegten Bart abrasiert. Vielleicht hoffte er, dass er dadurch eher zu ihnen passen würde. Aber diese Hoffnung machte er sich vergebens. So wie er die Schultern hielt und das Kinn reckte, während er sich suchend umschaute, würde er unter all den Männern, die sie kannte, sofort herausragen.

Sie rief ihn, während sie sich mit dem Boot der Anlegestelle näherte. Der Wasserstand der Seen war dieses Jahr niedrig, und Jalal stand sehr hoch.

„Clio!“, begrüßte er sie freundlich. Offenbar wollte er so tun, als sei alles vergessen. Sie biss die Zähne aufeinander. Das konnte er sich sparen.

„Prinz Jalal“, erwiderte sie knapp. „Können Sie ins Boot springen? Aber werfen Sie zuerst Ihre Taschen rein.“

Er musterte sie prüfend und nickte, als würde er sich selbst etwas bestätigen. Sein Freundschaftsangebot war damit hinfällig. Clio war froh darüber. Gut, dass er gleich begriff, woran er bei ihr war.

„Danke“, sagte er und warf seine Taschen ins Boot.

Dann musterte er das leicht schaukelnde Boot, als versuchte er ein rätselhaftes fremdartiges Kunstwerk zu verstehen. Clio fiel ein, dass er wahrscheinlich noch nie in ein unvertäutes Boot gesprungen war.

Und dieser Mann sollte ihrem Vater mit dem Bootsverleih helfen? Damit hatten ihre Eltern nämlich ihren Protest erstickt. Da Jude in die Stadt umgesiedelt war, brauchten sie jemanden.

„Hier, nehmen Sie meine Hand“, bot sie ihm kühl an, wie sie es bei jedem anderen Neuankömmling auch machen würde, wandte sich zum Steuer und hielt es mit der anderen Hand fest. „Treten Sie zuerst auf den Sitz.“

Sie rechnete halbwegs damit, dass er sich weigern würde, die Hilfe einer Frau anzunehmen, aber er beugte sich vor und nahm ihre Hand. Als seine Finger ihre berührten, schnappte Clio nach Luft. Es war, als hätte ein Blitz sie getroffen, und rasch zog sie ihre Hand zurück.

Jalal bemühte sich, sein Gleichgewicht wiederzugewinnen, doch das gelang ihm nicht, und außerdem glitt das Boot genau in dem Moment ein Stück weg, als er hinabfiel. Ungeschickt landete er mit einem Fuß auf dem Sitz, kam mit dem anderen auf dem Boden auf, schlidderte und streckte seine Hände unwillkürlich nach Clio aus.

Sie fasste automatisch nach ihm, und so sanken sie sich förmlich in die Arme. Jalal kniete vor ihr und hielt sie umfangen, den Kopf an ihre Brüste gepresst, und Clio hatte ihre Arme um seine Schultern geschlungen.

Unter ihren Händen spürte sie seine Körperwärme und seinen Atem an ihrem Hals. Einen Moment lang spiegelte sich die Sonne mit einer Helligkeit auf dem Wasser wider, dass ihr die Augen schmerzten.

Plötzlich packte Clio der Zorn. „Nehmen Sie Ihre Hände weg!“, verlangte sie.

Jalal richtete sich auf und musterte sie verärgert. „Was wollten Sie damit beweisen?“, fragte er gepresst.

Bei seinem durchdringenden Blick errötete Clio. „Das war keine Absicht. Was halten Sie von mir?“

Reglos schaute er ihr ins Gesicht. „Ich halte Sie für eine Frau, die die Dinge auf ihre Art sieht. Sie machen mich zum Feind, ohne die Konsequenzen zu kennen. Falls Sie mich noch einmal zum Narren halten wollen, werde ich Ihnen zeigen, was das bedeutet.“

Furcht erfasste sie. Aber das sollte er nicht merken. „Ich glaube, das weiß ich sehr wohl. Vielen Dank.“ Sie hatte schließlich erfahren, was es bedeutete, ihn zum Feind zu haben, nachdem er Zara entführt hatte.

Er schüttelte beinahe verächtlich den Kopf. „Wenn Sie das wüssten, würden Sie nicht solche kindischen Spielchen treiben.“

„Was soll das denn heißen?“

„Sie sind eine Frau, Clio, und ich bin ein Mann. Wenn eine Frau sich einen Mann zum Feind macht, hat das immer einen anderen Grund, als sie denkt.“

Bei dieser Unterstellung schnappte sie empört nach Luft. „Sie sind ja der Gipfel von einem Chauvi! Und das, obwohl Sie aus den ziemlich liberalen Emiraten von Barakat kommen. Sie scheinen keine …“

Lächelnd wehrte er ab. „Ich komme aus der Wüste“, erinnerte er sie.

„Das habe ich gehört.“

Er hob warnend den Zeigefinger. „In der Wüste lässt ein Mann einer Frau viel Freiheit, aber er ist stark, und sie ist schwach. Er macht Zugeständnisse.“

Zornesröte schoss ihr ins Gesicht. „Zum Donnerwetter …“

„Im Gegenzug, Clio, spricht keine Frau in dem Ton mit einem Mann, wie Sie ihn mir gegenüber anschlagen. Frauen haben spitze Zungen, und Männer haben Kraft. Wir respektieren einander, indem wir unsere Stärken nicht gegeneinander ausspielen.“

„Soll das eine...