Flirten mit den Sternen - Was Sie schon immer über das Universum wissen wollten, aber nie zu fragen wagten

von: Werner Gruber

ecoWing, 2019

ISBN: 9783711052506 , 208 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 13,99 EUR

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Flirten mit den Sternen - Was Sie schon immer über das Universum wissen wollten, aber nie zu fragen wagten


 

DER BEGINN EINES WUNDERBAREN FLIRTS …


Gäbe es nur einen Ort auf der Erde,
von dem man die Sterne sehen könnte,
alle Menschen würden dorthin pilgern
.

WALTHER WILHELM BAUERSFELD

Es ist eine angenehme Sommernacht, die Grillen zirpen im Hintergrund, es ist lauschig, und die Sonne ist gerade untergegangen. Die letzten Sonnenstrahlen erhellen den Wolkenhintergrund am Horizont. Und die ersten Sterne erscheinen am Himmel …

Wir sind fasziniert vom Funkeln der weit entfernten Objekte, vom Kontrast der pechschwarzen Nacht zu den nadelspitzengroßen Pünktchen, die einsam und auch in Gruppen leuchten, einem bunten Band, das sich über das Firmament spannt, und vielleicht vom Mond, der die Szenerie beleuchtet. Dabei stellen sich einige Fragen: Was leuchtet da eigentlich und warum? Warum ist es schwarz in der Nacht, obwohl es »unendlich« viele Sterne gibt, und sind wir allein in dem unendlich großen Universum? Fragen über Fragen. Wo sind die Planeten, wie sieht man das Mondgesicht, und warum ist das »Sternbild« des Großen Wagens so berühmt?

Astronomie ist kein One-Night-Stand – es ist das gesamte Universum, das uns berührt, auf immer und ewig.

Was hat dies alles mit dem Flirten zu tun? Das Flirten ist der Versuch einer Annäherung. Im Allgemeinen wollen wir uns anderen Menschen annähern, um sie besser kennenzulernen, um sie zu verstehen und um vielleicht in Zukunft gemeinsam Freude und Spaß zu erleben oder Trauer zu teilen. Man kann auch mit der Astronomie flirten. Man kann versuchen, das Universum zu verstehen, die Zusammenhänge zu begreifen, sich wundern, und das Ganze kann viel Spaß und Freude machen. Und wenn man schlecht drauf ist, braucht man sich nur ins Freie (oder ins Planetarium, da ist es wärmer) zu setzen und sich vom Anblick der Sterne überwältigen zu lassen. Vielleicht vergisst man für ein paar Stunden seine Alltagssorgen, oder ist man in tiefer Trauer, so hat man beim Anblick der Sterne das Gefühl von großer Demut angesichts der Vielfalt des Universums. Sollten Sie traurig sein oder sogar an einer depressiven Verstimmung leiden, hilft Schlafdeprivation – also sollte man in der Nacht aufbleiben und die Sterne bewundern.

Aber die Astronomie vermag noch viel mehr. Sie können nicht nur mit dem Wissen flirten, sich ihm annähern, nein, das Wissen lässt sich auch nutzen, um sich anderen Menschen zu nähern. Das Hauptproblem besteht ja darin, dass man sich keine Abfuhr holen will. Also muss man sich schrittweise nähern, und was eignet sich besser als eine Einladung zu einem Picknick mit der/dem Angebeteten an einem lauen Abend unter dem Sternenzelt. Dort sollte man zwar nicht mit seinem Wissen prahlen, aber man darf dann schon zeigen, dass sich Wissen und Romantik vereinen lassen.

Davon abgesehen hat die US-amerikanische Fernsehserie »The Big Bang Theory« durchaus dazu beigetragen, das Ansehen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu heben. Vor einigen Jahren galten wir eher als die Außenseiter der Gesellschaft, die einfach nur komisch sind und keiner braucht. Heute sind wir die liebenswerten Außenseiter, die zwar immer noch komisch sind, aber vielleicht Lösungen haben für Probleme, die bisher keiner gesehen hat und an die zuvor noch keiner gedacht hatte. Oft werde ich gefragt, ob das alles nur gespielt sei. Ich wende dann den Kopf und erkläre, dass manches in der erwähnten Sendung natürlich überzeichnet erscheint, aber im Wesentlichen ist es eine gute Darstellung des Wesens wissenschaftlicher Naturen. Ja, bei uns in Europa gibt es weniger den Comic-Aspekt, der in den USA wesentlicher vertreten ist, aber wie wir mit dem Alltag umgehen, ist nicht so schlecht dargestellt. Was vielleicht die Wissenschaftler am besten charakterisiert, ist der unabdingbare, ja sogar dramatische Einsatz für ihr Wissensgebiet. Hier brennt das Feuer für eine Idee, für eine Theorie oder ein Experiment, und alles andere wird dieser Idee untergeordnet. Das zeigt sich dann auch im Alltag – man ist während einer aktiven Forschungsphase nicht sozial kompatibel, das äußere Erscheinungsbild wird vernachlässigt, man beschäftigt sich ausschließlich mit der Idee und hat für alles andere keine Zeit.

Das bringt uns auch zu den Astronomen. Da gibt es zwei Kategorien: die Berufs- und die Hobbyastronomen. Erstere arbeiten in der Regel in einem Universitätsinstitut und beschäftigen sich mit dem Aufbau des Universums und führen jede Menge Messungen durch. Spannend, aber wäre Ihr Nachbar ein Berufsastronom, so würde es Ihnen wahrscheinlich gar nicht auffallen. Ist er jedoch ein Hobbyastronom, so wüssten Sie es. Das hat mehrere Gründe. Hobbyastronomen sind sehr gesprächig und erklären jedem gerne, was für ein wunderbares Hobby sie haben. Mit Vegetariern verhält es sich ähnlich. Plaudert man mit einer beliebigen Person, auch wenn man sie vorher nicht getroffen hat, spätestens nach fünf Minuten weiß man, dass sie oder er eine Vegetarierin oder ein Vegetarier ist, egal ob man will oder nicht. Vergleichbares lässt sich über Hobbyastronomen sagen. Lebt diese spezielle Art von Menschen in der Stadt, so haben sie meist einen Balkon, wo sie ihre Teleskope aufbauen. Das führt dann gerne zu massiven Widerständen in der Bevölkerung. Viele glauben, dass die Teleskope nur dazu dienen, in andere Wohnungen hineinzuschauen. Einige Kolleginnen und Kollegen hatten da schon so manche Probleme und mussten am Schwarzen Brett erklären, was sie denn da wirklich machen. Tatsächlich kann man vom Balkon in einer Großstadt wenig beobachten, zumindest nicht wirklich professionell. Aber man kann seine Geräte überprüfen, das neue Teil, auf das man schon Wochen aus China gewartet hat, montieren und ausprobieren, ob es sich auch mit den anderen Teilen integrieren lässt. In der Regel geht es nur um das Ausprobieren der Technik.

Hobbyastronominnen und -astronomen erkennt man daran, dass sie ihr Gerät offen auf den Balkon stellen. Das Fernrohr muss dabei gar nicht zum Himmel gerichtet sein, meist verwendet man irgendwelche Hauskanten oder Lampen zum Justieren der Optik. Also keine Gefahr, dass Ihnen jemand beim Abendessen zuschaut.

Eine Ausnahme von der Regel: New York. In dieser Stadt gibt es die meisten Teleskope. Dies hängt nicht damit zusammen, dass dort ein großartiges Planetarium besteht oder dass viele Vereine für Astronomie existieren, nein, dort schaut man tatsächlich gerne in andere Wohnungen und Büros. Allerdings macht man dies in einem abgedunkelten Zimmer, um nicht selbst gesehen zu werden, und in der Regel muss man auch nicht die Fenster öffnen, um einen besseren Blick auf die Nachbarn zu haben. Tatsächlich sind die meisten, zumindest alle Hobbyastronomen, die ich kennenlernen durfte, sehr nette und umgängliche Menschen, solange man sich nicht vor ihr Teleskop stellt. Wenn Sie sich nicht über die Machenschaften Ihres Nachbarn sicher sind, laden Sie ihn doch einmal ein – gute Nachbarschaft schadet nie. Und sollte er nach fünf Minuten über Astronomie reden, können Sie sicher sein, dass er kein Interesse an Ihrem Privatleben hat, außer er möchte mit Ihnen flirten, aber dann lädt eher er Sie zu einem Beobachtungsabend ein …

Als Direktor des Planetariums der Stadt Wien, der Kuffner- und Urania-Sternwarte, erlebt man so einiges. Als bekannt wurde, dass ich die Leitung dieser altehrwürdigen Institution übernehmen werde, gab es ein paar sehr liebe Kommentare. Eine Freundin meinte, es müsste »voll romantisch« sein, »wenn du dann jeden Abend auf die Sternwarte gehst und die Sterne beobachtest«. Tatsächlich bin ich nur ein paar Mal im Jahr auf den Sternwarten, bei den Sicherheitsüberprüfungen oder bei speziellen Veranstaltungen. Tatsächlich besteht der Job eines Planetariumsdirektors darin, darüber zu wachen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausreichend Arbeit haben, für Außenwirkung zu sorgen und Kaffee zu kochen. Der Direktor des Planetariums ist ein Managementjob, der nur am Rande mit Sternen zu tun hat. Wir haben auch immer wieder Anfragen über Praktika von naturwissenschaftlich interessierten Schülerinnen und Schülern. Tatsächlich besteht unsere Hauptaufgabe darin, die Besucherströme zu lenken, darauf zu achten, dass die Toiletten sauber sind, dass das Programm verständlich ist und dass die Besucherinnen und Besucher zufrieden das Haus verlassen und vielleicht bald wiederkommen. Wir erklären die Astronomie, und das erfordert auch viele Gedanken, aber bei uns blickt man nur durch ein Fernrohr, wenn wir es für unsere Besucher justieren und einrichten. Verlasse ich aber am Abend und manchmal in der Nacht mein Büro und spaziere über die Kaiserwiese zum Praterstern, ertappe ich mich hin und wieder, dass ich stehen bleibe, einen kurzen Blick auf den echten Himmel erhasche und mich freue, den tollsten Job der Welt zu haben.

Was ich total unterschätzt habe, ist die soziale Kompetenz, die man mitbringen sollte, wenn man dieser Berufung nachkommt. Dass man laut und deutlich grüßt, sobald man das Foyer betritt, versteht sich von selbst, aber es gibt darüber hinaus noch jede Menge Anfragen. Da...