Abenteuer auf Dino Terra - Sammelband 3 in 1

von: Fabian Lenk

Coppenrath Verlag, 2019

ISBN: 9783649633617 , 350 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 7,99 EUR

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Abenteuer auf Dino Terra - Sammelband 3 in 1


 

JÄGER UND GEJAGTE


Er war der Beste: schnell, intelligent, wendig. Kein anderes Tier verfügte über solch bedrohliche Waffen wie der knapp vier Meter lange Deinonychus. Sein Kiefer war mit siebzig messerscharfen Zähnen bestückt. Von seinen dreifingrigen Händen standen gebogene Klauen ab. Auch an den langen Zehen wuchsen dem Raubsaurier gefährlich spitze Krallen, die zu tödlichen Messern wurden, wenn der Deinonychus – die Schreckenskralle – seine Opfer ansprang.

Das Tier schob sich völlig lautlos in den Schatten eines über fünfzig Meter hohen Baums im Urwald von Dino Terra. Nun war es perfekt getarnt. Aus dem Dickicht hinter ihm folgten vier Artgenossen, drei erwachsene Tiere und ein Junges, das erste Erfahrungen bei der Jagd sammelte.

Die Schreckenskrallen stellten ihrer Beute im Rudel nach, was sie noch gefährlicher machte. Jedes Tier hatte dabei seine Aufgabe. Im Augenblick galt die ganze Aufmerksamkeit der Räuber einer Gruppe von Dickschädelechsen, die auf einer Lichtung weidete. Die fünf Meter langen Pachycephalusaurier hatten die Köpfe gesenkt und rupften die Halme auf der sumpfigen Freifläche ab.

Der junge Deinonychus zuckte nervös. Seine Gier, loszustürmen und seine sichelartigen Krallen in die Flanken einer der Echsen zu schlagen, wurde mit jeder Sekunde stärker. Doch sein Instinkt hielt ihn vorerst zurück, denn die Pachycephalusaurier waren äußerst wehrhafte Gegner. Sie konnten einem Angreifer mit ihren Schädeln, die sie wie einen Rammbock einzusetzen wussten, die Knochen zertrümmern.

Eine der älteren Schreckenskrallen gab einen leisen drohenden Laut von sich und bremste das Jungtier zusätzlich.

Die erfahreneren Jäger hatten einen anderen Plan. Sie würden warten, bis die Pflanzenfresser nahe genug waren und sie dann gemeinsam angreifen, sodass die Herde in Panik auseinanderstob. War erst ein Tier von der Gruppe abgesondert, konnten die Räuber es im Rudel zur Strecke bringen.

Arglos fraßen sich die Dickschädelechsen immer näher an die Baumgrenze heran. Die Deinonychusse im Wald spannten die Muskeln an. Jeden Moment würden sie aus der Deckung hervorbrechen …

Doch in einem hohen Busch auf der gegenüberliegenden Seite der Lichtung lauerte ein weiterer Jäger. Es war ein Mensch mit einem Gewehr. Im Gegensatz zu den Pachycephalusauriern hatte er die Schreckenskrallen längst entdeckt. Er hob seine Waffe mit dem Zielfernrohr und legte auf einen Deinonychus an.

Dann ging alles blitzschnell. Wie auf ein geheimes Kommando hin sprangen die Raubsaurier aus dem Urwald und preschten gierig auf die Dickschädelechsen zu, die brüllend und grunzend die Flucht ergriffen.

Gleichzeitig peitschte ein Schuss durch die Luft, verfehlte aber sein Ziel.

Der Mann mit dem Gewehr fluchte und drückte erneut ab. Diesmal hatte er besser geschossen – eine Schreckenskralle ging getroffen zu Boden. Die anderen Saurier brachen die Attacke ab und stürmten in den schützenden Wald zurück. Der Mann setzte ihnen unverzüglich nach. Weitere Schüsse hallten durch das Unterholz, aber die Gruppe der Schreckenskrallen konnte immer mehr Abstand zwischen sich und ihren Verfolger bringen.

Schließlich gab der Jäger auf: Die flinken Saurier waren ihm im dichten Buschwerk überlegen. Der Mann wischte sich schnaufend den Schweiß von der Stirn. Immerhin eine der Schreckenskrallen hatte er erledigt, ging es ihm durch den Kopf. Und morgen war auch noch ein Tag. Er würde wiederkommen. Mit seinem Gewehr.

„Wow, was für eine Aussicht!“, rief Laurin begeistert. Der Zwölfjährige düste gerade mit seinem Kumpel Raffael und dessen Schwester Elena über das dichte Blätterdach von Dino Terra, einem Planeten, der einige Tausend Lichtjahre von der Erde entfernt lag. Rechts von ihnen erhob sich eine Gebirgskette, links lag das sandige Ufer eines riesigen Sees.

„Das kannst du laut sagen“, murmelte Professor Alexander Hartenstein gedankenverloren, während er weiter auf einen der Bildschirme im Cockpit starrte. Laurins Vater leitete die Forschungsstation in der Stadt Pax, der einzigen menschlichen Siedlung auf Dino Terra. Der noch weitgehend unerforschte Planet war etwa so groß wie die Erde und erst 2040, also vor zehn Jahren, entdeckt worden.

An diesem Morgen war Hartenstein mit seinem Team aufgebrochen, um einen unbewohnten Teil von Dino Terra zu kartieren. Am Steuer des Truckjets, einer dreißig Meter langen Flugmaschine mit Labor, saß die erfahrene Pilotin Pat Pattaboom. Ihre rechte Hand ruhte auf dem zierlichen Sidestick, der vor einigen Jahrzehnten den einfacheren Steuerknüppel ersetzt hatte.

Wie so oft hatte der Professor seinen Sohn und dessen Freunde mitgenommen. Schließlich interessierten sich alle drei brennend für die Welt von Dino Terra. Zu dem wissbegierigen Trio gehörte auch ein kleiner, ziemlich verfressener Saurier namens Compsi, ein Compsognathus, den Raffael einst aus einem Schlammloch gerettet hatte. Seitdem war Compsi dem Jungen nicht mehr von der Seite gewichen.

Raffael blickte durch eine Seitenscheibe auf die üppige Vegetation und genoss den Flug. Vor wenigen Minuten hatte es einen starken Regenguss gegeben, und nun dampfte der Dschungel unter der Sonne, die die restlichen Wolken vertrieben hatte. Ein Regenbogen spannte sich schillernd über die Baumriesen.

„Seht nur, da sind Saurier auf der Lichtung!“, rief Raffaels ältere Schwester Elena plötzlich. „Das sind doch … Dickschädelechsen!“

„Flieg mal langsamer“, bat Hartenstein die Pilotin.

Pat drosselte den Motor. Nun schwebte der Truckjet nahezu geräuschlos über der Schneise im Wald.

Schnell zog Raffael seine Kamera hervor und begann, die Saurier zu filmen. Die Tiere hoben kurz die bulligen Köpfe, um das seltsame Ding über ihnen zu begutachten, und fraßen dann ungerührt weiter.

Da geriet ein anderer Dschungelbewohner ganz am Rand der freien Fläche vor Raffaels Kamera. Der Junge stutzte. Wenn ihn nicht alles täuschte, dann war das ein Deinonychus, ein zwar recht kleiner und leichter, aber extrem schlauer, sprunggewaltiger und gefährlicher Raubsaurier mit furchterregenden Klauen. Eine Schreckenskralle.

Doch mit diesem Räuber stimmte etwas nicht. Der Junge zoomte näher heran. Der Deinonychus schleppte sich gerade zu einer Pfütze.

„Da unten ist ein verletztes Tier! Können wir landen?“, fragte Raffael den Professor und Pattaboom.

„Natürlich“, antwortete die Pilotin. „Der Truckjet wechselt selbst mitten im Flug problemlos in den Hubschrauber-Modus. Also komme ich auch auf einer so kleinen Lichtung runter.“ Sie warf einen fragenden Blick zu dem Teamleiter. Als dieser nickte, setzte sie die Maschine butterweich auf.

Hartenstein, Pat, die drei Kinder und Compsi stiegen aus.

Nun suchte die Herde der Dickschädelsaurier doch das Weite. Auch der Deinonychus versuchte zu fliehen, aber er kam nicht weit.

„Da vorn ist er!“, rief Raffael und deutete in Richtung einer Buschgruppe hinter der Pfütze. Der lange Schwanz des Tieres ragte ein Stück aus dem Gestrüpp hervor.

Von der Wasserstelle führte eine Blutspur zu den Sträuchern, in denen der Saurier Zuflucht gefunden hatte.

Elena beugte sich darüber. „Was ist hier bloß geschehen?“, überlegte sie laut.

„Vielleicht hat es einen Kampf gegeben“, mutmaßte Laurin.

„Dabei wurde der Deinonychus verletzt.“

„Von einer der Dickschädelechsen? Das kann ich mir nicht vorstellen.“ Raffael schüttelte den Kopf. „Die sind doch ganz harmlos.“

„Nicht, wenn sie angegriffen werden“, korrigierte Professor Hartenstein.

Schnell hatten sie das Gebüsch erreicht. Compsi hüpfte aufgeregt zwischen den Kindern hin und her.

Vorsichtig bog Laurin die Zweige auseinander.

Etwas fauchte laut und schnappte nach ihm. Jäh fuhr er zurück.

„So wird das nichts“, erkannte sein Vater. „Wir müssen den Saurier betäuben.“

Pat lief zum Truckjet zurück und holte ein Gewehr mit Betäubungsmunition. Dann trat sie mit der Waffe an das Gebüsch heran. Es ertönte ein gedämpfter Schuss, dem ein Knurren folgte – danach herrschte absolute Stille.

Raffael hatte trotzdem ein mulmiges Gefühl. War die Schreckenskralle wirklich außer Gefecht gesetzt?

Doch seine Sorge erwies sich als unbegründet. Der Deinonychus schlummerte friedlich zwischen den Wurzeln des Strauches.

Hartenstein und Pattaboom zogen das schwere Tier aus seinem Unterschlupf.

„Vorsicht!“, mahnte Raffael, als er die blutende Wunde am Bauch der Echse...