60 Tools für den New Work Coach - Transformation aktiv gestalten

60 Tools für den New Work Coach - Transformation aktiv gestalten

von: Susanne Klein

Gabal Verlag, 2020

ISBN: 9783967400045 , 240 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

Mac OSX,Windows PC für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 25,99 EUR

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Mehr zum Inhalt

60 Tools für den New Work Coach - Transformation aktiv gestalten


 

1. Das Leitungsteam

Ein Unternehmen muss gut geführt werden, damit hierarchiefreies Arbeiten möglich wird. Deswegen kommt der Unternehmensleitung eine besondere Rolle zu. Je besser das Leitungsteam aufgestellt ist und agiert, umso mehr Selbstführung wird im gesamten Unternehmen möglich. Und auch wenn jeder mit jedem spricht und jeder seine Ideen einbringen kann, liegt doch ein besonderes Augenmerk darauf, wie das Leitungsteam funktioniert.

Die Unternehmensleitung braucht daher einen regelmäßigen Blick in einen ungetrübten Spiegel. Der Coach ist hier Frondeur oder Sparringspartner, da er das Bild nicht weichzeichnet. Er transportiert Eindrücke und gibt Einschätzungen der Mitarbeitenden zum Markt, zum Unternehmen selbst, zu Partnern und Kunden wieder. Er konfrontiert und beschreibt auch unangenehme Themen, denen sich das Leitungsteam stellen sollte. Darüber hinaus bringt er wesentliche Informationen ein, die die Unternehmensleitung selbst nicht wahrnehmen kann. Da er gemeinsam mit seinen Kollegen Eindrücke und Wahrnehmungen austauscht, bildet er in seinem Kopf Muster, die nur entstehen können, wenn intensiv mit Personen und Teams im Unternehmen gearbeitet wird. Dieses Erkennen und Wissen um Muster ist für die Unternehmensleitung eine besondere Quelle der Inspiration.

Seine zweite Aufgabe ist, die Kommunikation innerhalb des Leitungsteams zu beobachten und zu reflektieren. Dafür bedient er sich der gleichen Methodik, die er bei den Mitarbeitenden nutzt. Auch im Leitungsteam können Konflikte auftreten, sich Einschätzungen unterscheiden oder es wird um Entscheidungen gerungen. Der Coach fungiert hier als Beobachtender und als Mediator. Immer im Sinne des unternehmerischen Handelns und des Resultats.

Die dritte Aufgabe besteht darin, gemeinsam mit der Unternehmensleitung Kultur und Korridor (siehe Tool 2) des Unternehmens zu definieren und zu transportieren. Für diese Themen braucht es Einigkeit im Leitungsteam und mit dem Coachteam. Denn die Umsetzung der Kultur wird vom Leitungsteam gelebt, vom Coach transportiert und von Mitarbeitenden aufgenommen und umgesetzt. Unternehmensleitung und Coachs suchen dementsprechend Menschen zum Onboarding, die in dieses Kulturverständnis hineinpassen. Und in den ersten Wochen des Onboardings nimmt sich die Unternehmensleitung sehr viel Zeit für die einzelnen Neuankömmlinge, um ihnen Philosophie, Werte und Kollaborationsform zu vermitteln. Auch der Coach unterstützt hier, aber die Unternehmensleitung kann diese Aufgabe nicht vollständig abgeben.

Tool 1 Komische Phänomene

Reden wird überschätzt. Menschen nehmen das, was sie sehen und erleben, sehr viel stärker wahr als das, was gesprochen wird. Wenn sich Reden und Erleben widersprechen, dann setzen wir auf das Erleben. Und wir kopieren auch eher Verhalten als Worte. Deswegen ist es in jeder Funktion im Unternehmen wichtig, darauf zu achten, wie das Handeln auf andere wirkt. Oft bleiben wir gedanklich in der Absicht stecken. Wir überlegen, was wir möchten, und setzen es um. Dann sind wir schon zufrieden. Nach der Handlung aufmerksam zu bleiben und die Wirkung zu betrachten, macht das Miteinander erfolgreich. Denn dann lernt man, wie sich Absicht und Wirkung unterscheiden und was es tatsächlich braucht, um eine gewünschte Wirkung zu erzielen.

Im Unternehmen kann es zu komischen Phänomenen kommen. Ein rüder Umgangston macht sich breit, Unpünktlichkeit wird zur Tagesordnung, man gibt sich überlastet, Fokus geht verloren und vieles mehr. Was Unternehmensleitung und Führungskräfte oft wundert, haben sie manchmal selbst mit verursacht, bemerken das aber nicht. Sie beobachten zwar die Wirkungen, führen das Phänomen aber nicht auf ihr eigenes Verhalten zurück.

Da die Unternehmensleitung im besonderen Fokus steht und sie besonders aufmerksam beobachtet wird, potenziert sich hier die Wirkung des Handelns. Deswegen lohnt es sich, als Coach genau zu beobachten und allen Führungspersonen im Unternehmen zu helfen, diese Zusammenhänge erkennen und verstehen zu können.

Ziel

Der Coach macht der Unternehmensleitung bewusst, wie ihr Auftreten ankommt und welche komischen Phänomene sie mitverursacht.

Story

„Ich verstehe gar nicht, warum alle in letzter Zeit hier mit einem trüben Gesicht herumlaufen. Macht ihnen denn die Arbeit keinen Spaß mehr?“ Marc zeigt sich etwas irritiert. Und weil er von Justus, seinem Coach, schon gelernt hat, dass Mitarbeitende sich sehr am Vorbild der Unternehmensleitung orientieren, packt er auch gleich Hannah am Wickel: „Warum schaust du so ernst, Hannah?“ Ihm gefällt nicht, dass Hannah seit einiger Zeit mit einem sehr ernsten Gesicht durch die Gegend läuft. Was ist das denn für ein Vorbild?! Diese ernste Stimmung überträgt sich bereits auf die gesamte Mannschaft. Deswegen treffen sich die drei heute zu einer Solution Session, um eine Vorgehensweise zur aktuellen Lage zu entwickeln. Denn die Zahlen bleiben hinter den Erwartungen zurück.

Justus, Marc und Hannah schauen sich ihr Auftreten in aller Form an: Face-to-Face, Chats, Mails, Sessions. „Das Regenwetter, das du in Hannahs Gesicht siehst, trägst du selbst auch spazieren“, bringt Justus es auf den Punkt. „Wie meinst du das konkret?“, fragt Marc nach. „Na ja, lies mal diese Mail. Da schießt nun nicht gerade die Zuversicht raus. Aber weißt du“, fährt Justus fort, „vielleicht ist es gar nicht so wichtig, zuversichtlich dazustehen und so zu tun, als stünde man über allem ... Vielleicht gibt es dazu auch eine Alternative?“ „So betrachtet“, meint Hannah, „könnten wir die Situation auch ehrlich mit allen teilen und gemeinsam mit ihnen schauen, wie wir wieder Oberwasser erhalten.“ Marc unterstützt das. Vielleicht haben die Menschen ja auch in seinen Augen gelesen. Da er in letzter Zeit schlecht schläft, wundert ihn nicht, dass von seiner Irritation etwas ankommt. Gemeinsam arbeiten sie einen Plan aus, wie sie authentisch und gleichermaßen souverän mit der Situation umgehen möchten.

Ablauf

Das Tool beginnt mit der Formulierung des Ziels: Wie möchte das Leitungsteam wahrgenommen werden? Das Tool hat vier Phasen.

Phase 1: Komische Phänomene

Unternehmensleitung und Coach tauschen sich über komische Phänomene aus. Damit sind Phänomene in der Zusammenarbeit gemeint, die ungewöhnlich erscheinen oder wenig produktiv sind. Sie sind hinderlich, vielleicht sogar ärgerlich.

Phase 2: Der Coach befragt die Unternehmensleitung

  • Wie genau fühlt und denkt ihr dazu?
  • Was bewegt euch?
  • Worüber denkt ihr nach, wenn ihr am Abend nach Hause fahrt?
  • Was ist beim Aufwachen euer erster Gedanke?
  • Worüber habt ihr keine Lust, nachzudenken?

Phase 3: Feedback

Der Coach formuliert seine Beobachtungen zu Auftreten und Wirkung als Feedback. „Möglicherweise nehmen die Menschen auch das wahr, was ich wahrnehme, nämlich ...

Phase 4: Reflexion

Der Coach fragt dann, inwiefern diese Phänomene mit dem Denken und Handeln der Unternehmensleitung zu tun haben könnten:

  • Wenn es eine Verbindung zwischen diesem Phänomen und der Vorbildrolle der Unternehmensleitung gäbe, welche könnte es dann sein?
  • Inwiefern hat sich möglicherweise dieses Phänomen von euch auf die Organisation übertragen?
  • An welcher Stelle gibt es Interpunktionen?

Diese Fragen sind bewusst indirekt gestellt, denn der Coach möchte ja nicht unterstellen, dass es eine Verbindung gibt. Wenn es aber eine gäbe, wäre es wichtig, diese bewusst zu machen und an der Vorbildrolle weiter zu arbeiten. Denn Verhaltensweisen bedingen sich gegenseitig und im Zweifel hat jeder das Gefühl, nur auf den anderen zu reagieren. Es gibt in der Tat auch keinen Verursacher, denn die Personen reagieren jeweils auf die Wirkung des anderen, nicht auf die Absicht. So produzieren wir ein komisches Phänomen. Wenn beispielsweise eine Person für eine andere Person eine Präsentation erstellt, gibt sie sich womöglich Mühe und steckt einige Ideen und Gedanken hinein. Ist die andere Person nicht zufrieden, weil sie selbst andere Ideen und Gedanken hat und für sich eine Story Line bauen muss, da sie die Präsentation vorstellt, kann es sein, dass sie die Arbeit der ersten Person kritisiert. Diese Kritik wird nicht unbedingt dazu führen, dass sich die andere Person bei der Erstellung einer zweiten Präsentation mehr Mühe gibt – im Gegenteil ... Beide reagieren aufeinander und beide können unzufrieden werden: Warum gibt sie sich keine Mühe mehr? Warum ist sie immer so kritisch?

Phase 5: Strategie

Nach der Reflexion unterstützt der Coach bei der Erarbeitung einer Strategie zum Umgang mit den komischen Phänomenen. Es geht darum, so zu intervenieren, dass die Phänomene zurückgehen oder sich lösen. Die Strategie dafür wird gemeinsam besprochen und umgesetzt.

Tipps und Erfahrungen

Oft ist der Unternehmensleitung nicht bewusst, welche Wirkung ihr Verhalten hat. Erweitern sie ihre Wahrnehmung, können sich die Personen neu justieren und einstimmen. Verhalten, das zum Vorbild genommen wird, ersetzt Regeln und Normen.

Beim Thema „Feedback“ geben scheiden sich oft die Geister. Manche sind der Auffassung, dass ein Feedback immer genau an den klassischen Feedbackregeln orientiert sein muss: Wahrnehmung beschreiben, Wirkung beschreiben, nicht bewerten usw. Oft erlebe ich, dass aber genau diese Bewertung eingefordert wird: „Und, wie findest du das? Sag ehrlich!“ Die Art und Weise, wie Feedback gegeben wird, hängt nach meiner Erfahrung sehr deutlich vom Verhältnis...