Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 537 - Die Tochter des großen Chirurgen

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 537 - Die Tochter des großen Chirurgen

von: Ursula Fischer

Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2021

ISBN: 9783751708609 , 64 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 1,99 EUR

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Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 537 - Die Tochter des großen Chirurgen


 

Die Tochter des großen Chirurgen

Warum sie ihr Erbe nicht antreten konnte

All seine Zeit und seine Kraft hat Professor Jürgen Ordemann in den Erfolg seiner Privatklinik gesteckt. Kein Wunder, dass sie einen exzellenten Ruf hat und die besten Ärzte gerne für ihn arbeiten. Auch Oberarzt Dr. Hendrik Romanowski ist eine Kapazität – bis er eines Tages einen schlimmen Unfall erleidet. Bald wird klar: Der junge Chirurg wird nie wieder operieren können! Und genau diesen Mann hat der Professor zu seinem Nachfolger und zum Ehemann seiner Tochter Wiebke auserkoren. Die beiden haben sich tatsächlich ineinander verliebt. Der Professor hat sie nicht etwa miteinander verkuppelt, aber doch ein wenig die Fäden im Hintergrund gezogen. Und so verlief alles nach seinen Wünschen – bis zu dem fatalen Unfall.

Nun braucht Professor Ordemann einen neuen Nachfolger – und einen neuen Schwiegersohn ...

»Wo bleibt Wiebke nur so lange?«, fragte Renate Ordemann. »Dass ihr nie pünktlich zum Frühstück kommen könnt.«

»Bin ich heute nicht pünktlich?«, entgegnete ihr Mann, der bekannte Professor Dr. Jürgen Ordemann, schmunzelnd. »Als Ärzte sind wir nun einmal immer im Dienst, und die Patienten sind wichtiger als eine Tasse Kaffee und ein frisches Brötchen.«

»Dass Wiebke überhaupt Ärztin geworden ist. Als Frau hat sie es doch nicht nötig zu arbeiten.«

»Soll sie warten, bis sich ein Mann ihrer erbarmt und sie heiratet?«, fragte der Besitzer der Privatklinik kopfschüttelnd. »Ich bin jedenfalls froh, dass Wiebke Medizin studiert hat. Ein Jammer, dass sie nur eine Frau ist, sie wäre bestimmt eine ausgezeichnete Chirurgin geworden.«

»Sag nicht ›nur Frau‹«, empörte sich Jürgen Ordemanns bessere Hälfte. »Wir Frauen sind auch Menschen.«

»Und neuerdings behauptet ihr sogar, gleichberechtigt zu sein«, zog Jürgen sie auf. »Für die Chirurgie gilt das nicht. Chirurgie ist Knochenarbeit, nichts für zarte Hände. Außerdem heiratet sie ja mal einen Chirurgen.« Er lächelte selbstgefällig. »War doch damals eine gute Idee, Romanowski an unser Haus zu holen.«

»Genau genommen hast du die beiden verkuppelt.«

»Du hast es trefflich formuliert, liebe Renate. Es ist doch klar, dass ich einen Nachfolger suche, und weil Wiebke als Internistin den Laden hier nicht kompetent leiten kann, muss sie eben einen tüchtigen Chirurgen heiraten.«

»Wie einfach das für dich immer ist«, murmelte Renate Ordemann.

»Ich halte nichts davon, Dinge zu komplizieren, die sich einfach lösen lassen. Wiebke und Romanowski verstehen sich, haben die gleichen Interessen und werden einmal eine vortreffliche Ehe führen.«

»Und die Liebe?«, fragte seine Frau.

Ihr Mann stutzte, bevor er dröhnend lachte.

»Was heißt schon Liebe? Aus dem Alter sind die beiden heraus. Liebe ist etwas für junge Menschen, aber wer sich ein bisschen in der Welt umgeschaut hat, weiß, worauf es wirklich ankommt.«

»Ich finde es schlimm, wenn du so sprichst«, sagte Renate Ordemann gepresst. »Als wir damals heirateten ...«

»Das waren andere Verhältnisse. Ich war ein kleiner, unbedeutender Arzt, der von einer Karriere nur träumen konnte.«

»Und ich deine kleine Sekretärin. Aber wir haben aus Liebe geheiratet, Jürgen. Ich meine, wärest du berechnend gewesen, dann hättest du dir eine Frau mit Geld gesucht.«

»Ich war damals eben zu dumm dazu«, erklärte Jürgen lächelnd und tätschelte Renates Hand. »Ja, mit uns war das anders als mit Wiebke und Hendrik. Aber du kannst nicht sagen, dass ich irgendeinen Druck auf Wiebke ausgeübt hätte. Oder auf Hendrik. Es ist die freie Entscheidung der beiden, einander zu heiraten.«

»Du hast aber alles getan, damit sie es auch wollen«, wandte Renate Ordemann ein.

»Ein bisschen nachgeholfen habe ich schon«, gab ihr Mann zu.

»Hätte Wiebke nun keinen Gefallen an Hendrik gefunden?«

»Dann hätte ich weitergesucht. Für Wiebke kommt jedenfalls nur ein tüchtiger Chirurg infrage. Aber warum zerbrichst du dir darüber den Kopf, meine Liebe? Die Sache ist gelaufen. Sicher, es ist nicht die große, leidenschaftliche Liebe wie in Romanen, aber die beiden mögen sich sehr gern. Und, wie gesagt, von einem gewissen Alter an spielt die Liebe keine entscheidende Rolle mehr.«

»Dann muss ich ja froh sein, dass du noch jung warst, als du mich kennenlerntest.«

»Ich bin froh, dass du mich geheiratet hast. Und ich weiß auch, dass ich nicht immer der beste Ehemann war, den eine Frau sich wünschen kann.«

»Du hast immer zu viel gearbeitet, aber ich wusste stets, dass du mich immer noch ganz gernhast. Auch wenn du es nie gesagt hast.«

Der Chirurg stutzte, bevor er den Kopf schüttelte.

»Sollte ich dir etwa jeden Tag eine Liebeserklärung machen?«, fragte er konsterniert.

»Es wäre schon schön, hättest du mir manchmal gesagt, dass du mich noch magst.«

»Ihr Frauen.« Wieder schüttelte Jürgen Ordemann den Kopf. »Du weißt doch, dass ich ... na ja, eben ...«

»Ich beklage mich ja auch nicht, Jürgen.« Renate hatte sich damit abgefunden, in seinem Leben die zweite Geige zu spielen. Zuerst kam sein Beruf, aber gleich danach sie und Wiebke.

In diesem Augenblick betrat ihre Tochter das Esszimmer. Sie trug den weißen Kittel der Ärztin, eine bildhübsche junge Frau, der man ihre Tüchtigkeit kaum zutraute.

»Entschuldigt die Verspätung. Ich hatte noch in der Klinik zu tun.«

»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen«, erwiderte ihr Vater. »Ich habe dir freundlicherweise noch etwas Kaffee übrig gelassen. Und wenn er nicht reicht, wird unsere Erna dir gern frischen kochen. Sie schwärmt ja geradezu für dich.«

»Ich habe Veller noch einmal untersucht«, teilte Wiebke ihrem Vater mit.

»Der Magen. Ich will ihn Anfang nächster Woche operieren.« Jürgen Ordemann schmunzelte. »Der gute Mann hat schreckliche Angst vor dem Messer. Ein tüchtiger, erfolgreicher Unternehmer, aber wenn der an die Operation denkt, wird er zum kleinen, ängstlichen Jungen.«

»Ich meine, er brauchte nicht operiert zu werden. Eine konservative Behandlung würde seinen Magen auch wieder in Ordnung bringen.«

»Ach, das meint die Frau Kollegin?«, fragte der Vater ironisch. »Ich bin fürs Schneiden, das weißt du. Aber ihr Internisten glaubt ja an eure Tabletten wie an Wunder.«

»Ich halte nichts von unnötigen Operationen, Vater.«

»Die Operation ist nicht unnötig. Außerdem habe ich den Termin eingeplant, Veller ist einverstanden, wir brauchen darüber nicht mehr zu reden, liebe Wiebke.«

»Warum versuchen wir es nicht mit einer konservativen Behandlung?«

»Weil wir eine chirurgische Privatklinik betreiben, liebe Wiebke.«

»Aber das bedeutet doch nicht, dass man um jeden Preis operieren muss, wenn es auch anders geht. Du kennst das Operationsrisiko besser als jeder andere. Und Veller hat nun mal Angst.«

»Du hast ihm hoffentlich nicht gesagt, dass du die Operation für überflüssig hältst?«

»Doch. Es ist meine Pflicht, Vater.«

»Bitte, reg dich nicht auf«, schaltete sich Wiebkes Mutter hastig ein. »Sie meint es doch nur gut, Jürgen.«

»Der Teufel soll dich holen, Wiebke«, schnaubte der Professor aufgebracht. »Als Internistin hast du bei uns nur eine beratende Funktion, und wärest du nicht meine Tochter, dann gäbe es hier keinen Internisten.«

»Das hielte ich für ziemlich schlimm. Ihr Chirurgen braucht jemanden, der euch gelegentlich bremst, Vater. Ihr wollt immer nur schneiden, ohne die Folgen richtig zu bedenken. Wenn du Veller ein Stück vom Magen wegschneidest, wird er für den Rest seines Lebens Beschwerden haben.«

»Er kann sich nicht so vollfressen wie bisher, das ist alles«, erklärte Professor Ordemann grob. »Es gibt Schlimmeres. Auf jeden Fall ist der Mann dann vollkommen gesund. Aber ob du das mit deinen Tabletten schaffen würdest?«

»Die Wahrscheinlichkeit ist genauso groß wie mit einer Operation, Vater. Du hast keine Ahnung, wie gut die Tabletten sind.«

»Ach, keine Ahnung habe ich?«

»Bitte, hört doch auf«, flehte Renate Ordemann.

»Ich dulde nicht, dass ein Arzt meiner Klinik mir in den Rücken fällt«, ereiferte sich der Professor. »Ich verlange Disziplin. Auch von dir, Wiebke! Dir wird bei mir keine Extrawurst gebraten, nur weil du zufällig meine Tochter bist.«

»Ich kann mir ja woanders eine Stellung besorgen, wenn du meinen Rat nicht hören willst. Ich bin nicht nur eine Dekoration in der Klinik, lieber Vater.«

»Anmaßend bist du. Ich habe eine sehr viel größere Erfahrung als du Grünschnabel. Kommst daher und willst mir etwas...