Dr. Brinkmeier Classic 29 - Arztroman - ... denn dein Lächeln galt nicht mir!

Dr. Brinkmeier Classic 29 - Arztroman - ... denn dein Lächeln galt nicht mir!

von: Sissi Merz

Martin Kelter Verlag, 2021

ISBN: 9783740976415 , 64 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 1,99 EUR

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Dr. Brinkmeier Classic 29 - Arztroman - ... denn dein Lächeln galt nicht mir!


 

»Mei, ist das ein Wetter. Da jagst kein Zamperl auf die Straß. Aber was macht man net alles fürs Allgemeinwohl, gelt?« Alois Burgmüller, Großbauer, Viehhändler und ehrenamtlicher Bürgermeister von Wildenberg, gab sich jovial. »Geh, Sepp, bringst uns nachher gleich eine Runde zum Anwärmen.«

Der Ochsenwirt nickte, schenkte sich aber einen Kommentar. Ihm war es egal, was seine Gäste verzapften, Hauptsache, sie tranken etwas dazu. Und dass dem Burgmüller bei den monatlichen Sitzungen des Gemeinderats stets der Brustkasten anschwoll vor lauter Wichtigkeit, das war schließlich nichts Neues und zudem allgemein bekannt.

Während es draußen in feinem Schnürl regnete und der Untersberg sich in geheimnisvolle Nebel hüllte, schwang Alois im Nebenraum des Gasthauses die große Schelle und markierte so den Vorsitzenden. »Setzt euch, meine Lieben, ich denk, wir sind alle vollzählig. Oder ist einer von euch net da?« Er zwirbelte seinen kecken Schnauz und schmunzelte als Einziger über seinen Scherz.

»Fangen wir halt an, daheim wartet mein Großknecht auf ein Kalberl. Und ich will dabei sein, wenn’s kommt, damit auch alles klappt«, meldete sich Georg Fellner zu Wort, der einen Berghof oberhalb von Wildenberg bewirtschaftete. Früher waren er und Alois Spezln gewesen, doch die ewige Geschaftelhuberei des Bürgermeisters war dem Bergbauern zuwider. Dass ausgerechnet seine einzige Tochter den Sohn vom Burgmüller hatte heiraten müssen, schmeckte Georg noch immer nicht recht. Und er nutzte jede Gelegenheit, um dem Ortsvorstand Paroli zu bieten.

»Da wären wir ja schon beim Thema«, erwiderte Alois geschmeidig. An diesem Abend schien er nicht aufs Streiten aus zu sein. »Ich hab’ heut die definitive Zusage erhalten, dass wir in der nächsten Woche einen neuen Tierarzt kriegen.«

»Zeit wird’s. Der Alte ist schon im Ruhestand, und wenn mal was vorkommt, kannst gleich bis Berchtesgaden telefonieren. Und dann eine entsprechende Rechnung zahlen«, beschwerte der Fellner sich. »Was ist es denn für einer? Hoffentlich net so ein grünes Bürscherl, das noch von nix eine Ahnung hat.«

»Sein Name ist Jonas Schubert, promovierter Veterinär, gebürtig in München und momentan dort in einer Kleintierpraxis angestellt«, las Alois von einem Blatt ab. »Er hat beste Referenzen und ist auf Großvieh spezialisiert. Da hätten wir sozusagen einen Fachmann an der Hand.«

»Fachmann, dass ich net lach! Wenn der was von Stallvieh verstehen tät, würde er jetzt keine Schoßhünderln und Wellensittiche behandeln. Mei, Alois, da hast

dir wieder was aufdrehen lassen. Ich sag dir, das Stadtbüberl wird net einmal eine Woche bei uns herausen aushalten. Denk an meine Worte!«

»Red keinen Schmarrn, Schorsch«, tuschte der Bürgermeister ihn nieder. »Vergraulen kannst einen jeden, wennst dich geschickt genug anstellst. Aber darum geht es doch wohl net. Tatsache ist, dass wir da einen neuen Viehdoktor brauchen. Der Schubert wird seine Sache schon machen, ihr müsst ihm nur eine Chance geben.«

»Willst uns vielleicht erzählen, dass du den Grünschnabel an dein Vieh lässt?«, spöttelte der Bergbauer.

»Freilich. Wenn er unser Tierarzt ist, wird er auch mein Vieh behandeln, das versteht sich doch wohl von selbst. Hat sonst noch einer was zu dem Thema zu sagen? Was Sinnvolles, wohlgemerkt. Wenn net, gehen wir bitt schön zum nächsten Punkt über.« Er blickte in die Runde und lächelte Anna

Stadler, der hübschen Apothekerin von Wildenberg, wohl wollend zu. »Übrigens werden wir einen kleinen Empfang für den Dr. Schubert veranstalten. Ich wär’ dir dankbar, wennst dich um die Organisation kümmern könntest, Anna. Das können wir dann ja nach der Sitzung noch genauer besprechen, gelt?« Er zwirbelte seinen Schnauz, und sein Lächeln vertiefte sich noch.

Seit ein paar Jahren war Alois Burgmüller verwitwet und bildete sich ein, trotz Übergewicht und dröhnendem Bass noch recht anziehend auf die Damenwelt zu wirken. Besonders Anna Stadler hatte es ihm angetan und musste sich ständig seiner aufdringlichen Flirtversuche erwehren.

»Freilich, Alois, wenn’s sonst nix ist«, erwiderte sie kühl. Die rehäugige Blondine konnte dem vierschrötigen Mannsbild nichts abgewinnen, sie war in Dr. Max Brinkmeier, den Landarzt von Wildenberg, verliebt. Das hielt Alois aber nicht davon ab, ihr weiterhin ausdauernd und sinnlos den Hof zu machen.

»Na, das werden wir dann ja sehen«, schäkerte er unverbesserlich und wandte sich dann an Hochwürden Hirtner, der neben ihm saß. Der Dorfpfarrer von Wildenberg hatte einst mit Alois die Schulbank gedrückt und schaute ihm nun streng auf die Finger, wenn es darum ging, dass dieser wieder einmal seine allzu krummen Wege elegant begradigen wollte. Und das betraf nicht nur seine übertriebene Geschäftstüchtigkeit.

»Hochwürden, ich muss im Namen einiger Wildenberger Beschwerde führen«, verkündete der Burgmüller nun kariert. »Es geht um die Stiftung von der Gräfin Wildenfels. Wie es ausschaut, liegt da einiges im Argen. Nachdem die Gräfin sich entschlossen hat, mir die Leitung zu entziehen, um sie in die Hände der Kirche zu legen, scheint vieles schief zu laufen.«

»Wer hat sich denn da beschwert?«, wollte Anna Stadler wissen. »Das wundert mich jetzt aber, denn ich hab’ bislang nur Gutes über diese Sache gehört. Die Jugendlichen, die dort schon gewohnt haben, sollen sich alle manierlich benehmen.«

»Es geht vielleicht nur um Ausnahmefälle, das kann ich net so genau sagen«, gestand der Burgmüller ihr unwillig zu. »Tatsache ist aber nun mal, dass es Ärger gegeben hat. Sachbeschädigungen, nächtliche Ruhestörungen und so weiter. Der Anderl Stumpf ist bereits informiert worden, aber ihr könnt euch denken, dass unser Gendarm es mit diesen Bürscherln net aufnehmen kann. Wenn der seine Amtsstube verlässt, sind die schon über alle Berge.«

»Mein lieber Alois, ich würde dich bitten, die Beschwerdeführer konkrekt namentlich zu nennen«, meldete sich Hochwürden nun zu Wort. Er war ein großer, schlanker Mann mit ruhigen Augen und sanfter Stimme. Doch er schaffte es immer wieder mit Leichtigkeit, dem Zornnagel Burgmüller einen Dämpfer zu versetzen. Dass Victoria von Wildenfels, die Besitzerin des so genannten Bergschlosses oberhalb von Wildenberg, Alois die Leitung des Projekts abgenommen hatte, fuchste diesen noch immer. Er wollte sich dafür rächen und brachte deshalb die angeblichen Beschwerden immer wieder aufs Tapet.

»Du weißt ganz genau, dass ich das net kann. So was gehört sich net«, behauptete er hinterlistig. »Nachher brandmarkst die armen Seelen am Sonntag noch von der Kanzel herunter.«

»Geh, Alois, das ist doch ein Schmarrn. So was würde unser Hochwürden nie tun«, war Georg Fellner überzeugt. »Außerdem hab’ ich da nix läuten hören, was das Bergschloss angeht. Und ich bin dort droben näher dran als alle anderen. Die Burschen, die da untergebracht sind, benehmen sich wirklich manierlich.«

»Mag sein, dass du, abgeschieden von allem, wiest bist, nix mitbekommen hast«, giftete Alois. »Hier herunten im Tal schaut es jedenfalls anders aus. Und ich verlange jetzt zu erfahren, was unser Herr Pfarrer gegen diese Zustände zu unternehmen gedenkt. So kann es jedenfalls net weitergehen!«

»Da mir nichts Nachteiliges zu Ohren gekommen ist, werde ich auch nichts unternehmen«, entgegnete Dominik Hirtner gelassen. »Ich vermute, die Beschwerdeführer vereinen sich in deiner Person, Alois. Und woher bei dir der Wind weht, das ist wohl allgemein bekannt, net wahr?«

Einige Anwesende lachten, der Burgmüller lief rot an, und Georg Fellner setzte dem Ganzen noch die Krone auf, indem er launig anmerkte: »Am End hast die Burschen noch geschmiert, damit sie sich was zu Schulden kommen lassen, gelt? Hauptsache, du behältst Recht.«

Der Ortsvorsteher überging diese Bemerkung einfach, fragte knapp in die Runde, ob noch Anträge gestellt werden wollten, und schloss die Sitzung dann übereilt. Als Hochwürden sich an ihn wenden wollte, knurrte er nur: »Wir sprechen uns noch. Vielleicht hast es für heut abgebogen, aber das nützt dir gar nix. Ich kann es net einfach hinnehmen, dass du diese Angelegenheit so schleifen lässt, das wird Folgen haben!«

»Alois, du verrennst dich da in was. Vielleicht solltest es einfach hinnehmen, dass hier auch mal was ohne dich läuft.«

»Pah, das denkst auch nur du! Komm, Anna, trinken wir noch ein Glaserl Wein zusammen und besprechen den Empfang für den Tierarzt. Ich hab’ keine Lust mehr, mich ständig ungerechtfertigt beschuldigen zu lassen.«

»Bist sicher, dass es allerweil ungerechtfertigt ist?«, hielt die aparte Blondine ihm mit leiser Ironie entgegen. »Du vergisst, dass ich dabei gewesen bin, als du das Projekt an Hochwürden hast abgeben müssen. Das wurmt dich immer noch, gib es nur zu, man sieht es dir eh an der Nasenspitze an.«

»Dass man mir immer nur Schlechtes unterstellt, bin ich mittlerweile gewöhnt«, grantelte der Burgmüller daraufhin. »Aber von dir hätte ich das net erwartet, Anna. Du enttäuschst mich freilich sehr.«

»Du wirst es überwinden.« Sie lächelte schmal. »Also, was soll es für ein Empfang sein, den wir dem Dr. Schubert bereiten?«

*

Karin Sendlinger schaute ihre Mutter besorgt an. »Schaffst es bis zum Doktorhaus? Oder soll ich besser anrufen, damit der Dr. Brinkmeier bei uns einen Hausbesuch macht?«

»Mei, Schmarrn, ich bin doch noch keine achtzig«, erwiderte die Bäuerin unwillig. »Es geht schon, wenn wir uns Zeit lassen. Außerdem hättest mich net zu begleiten brauchen, ich kann ganz gut allein zum Doktor gehen.«

»Ja, freilich.« Das hübsche blonde Madel mit den himmelblauen...