Seewölfe - Piraten der Weltmeere 711 - Der Despot von Malakka

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 711 - Der Despot von Malakka

von: Fred McMason

Pabel eBooks, 2021

ISBN: 9783966881333 , 115 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 2,49 EUR

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Seewölfe - Piraten der Weltmeere 711 - Der Despot von Malakka


 

1.


Inzwischen war es Nacht geworden. Über der See hing ein schwachleuchtender Mond, der die Szenerie gespenstisch erhellte.

Dom Alfonso de Albuquerque hockte verbittert und von Haß erfüllt in einer kleinen Jolle, die man gerade noch im letzten Augenblick vor dem Untergang der Karavelle über Bord geworfen hatte.

Mit ihm befanden sich noch drei weitere Männer in der Jolle. Sein Erster Offizier Paco de Almeira, bärtig und hager, ein Decksmann, der Augusto gerufen wurde, und Vargas, ein schüchternes Männchen, das an Bord der Karavelle als Kanonier fungiert hatte.

Die Männer in der Jolle schwiegen lange Zeit und blickten wutentbrannt auf das, was da weit vor ihnen in der See trieb.

Es war nicht mehr viel, was zwischen schwarzen und langsam verwehenden Nebelbänken zu erkennen war. Ein paar Trümmer, Spieren mit Segelfetzen, eine Gräting und ein paar leere Fässer.

Der Wind, der auch die Nebelbank zerfaserte, trieb alles vor die Küste von Kuala Selangor und schob es dort an den Strand.

Irgendwo dicht unter Land glaubte Dom Alfonso auch ein paar Köpfe zu sehen – Männer seiner Besatzung, die sich nach dem Untergang der Karavelle schwimmend zur nahen Küste retteten.

De Albuquerque, ein strenger und harter Mann mit dämonisch blitzenden Augen und einem langen Vollbart, in dem Pfeffer und Salz vorherrschten, fand immer noch keine Worte. Die Überraschung lähmte ihn noch, und so hörten sie von ihm nur hin und wieder ein unverständliches Krächzen.

Dabei starrte er aus seinen dämonischen Augen ständig und unverwandt über das Wasser.

Endlich, nach einer Ewigkeit des Schweigens, rückte er sein schwarzes Barett zurecht, strich über seinen von silbrigen Fäden durchzogenen Bart und setzte sich bequemer auf der Ducht zurecht.

Sie hatten die kleine Fock gesetzt, das Segel aber wieder eingeholt und trieben unter der Küste in der Nähe der Untergangsstelle. Der Wind ließ sie nur langsam nach Süden driften.

„Bastarde“, sagte Dom Alfonso mit fremdklingender Stimme. „Verdammte englische Bastarde.“

Der Erste pflichtete ihm höflich bei. An Deck der Karavelle hatte er immer einen Kratzfuß zelebriert, aber in der Jolle war das nicht möglich, und so betonte er auch geflissentlich, daß es ganz verdammte englische Bastarde seien, die ihnen das eingebrockt hätten.

Die Tatsache, daß sie es gewesen waren, die die englische Schebecke zuerst angegriffen hatten, verschwieg er.

„Wo stecken die Halunken nur?“ fragte er nach einer Weile. „Sie scheinen wahrhaftig mit dem Leibhaftigen im Bunde zu stehen, denn sie können sich offenbar in Luft auflösen.“

Alle vier Männer in der Jolle hatten pausenlos die See abgesucht, doch die Schebecke war nirgends zu entdecken. Sie war hinter der schwarzen Explosionswolke ins Nichts getaucht, und jetzt war sie spurlos verschwunden.

„Möglicherweise sind sie selbst untergegangen, als sich der schwarze Rauch entwickelte“, sagte de Almeira, um dem Kapitän eine gewisse Genugtuung zu lassen.

Der herrische Mann winkte jedoch ab und wischte diesen Einwand mit einer Handbewegung zur Seite.

„Quatsch, die Kerle sind nicht untergegangen, jedenfalls deutet absolut nichts darauf hin. Hier sind böse Mächte im Spiel, die unser Begriffsvermögen übersteigen.“

De Albuquerque hatte wieder deutlich die Szene vor Augen, die sich vor kurzer Zeit abgespielt hatte. Wie eine höllische Vision sah er sie vor sich.

Sie wollten gerade eine Breitseite auf den Bastard abfeuern, als sich von der Schebecke ein kleiner, heulender Gegenstand löste. Ein zweiter und ein dritter folgten augenblicklich. Die Dinger näherten sich wahnsinnig schnell, und dann knallte es auch schon so berstend und donnernd, als fliege der Himmel in einer einzigen Detonation auseinander.

Nach dem Knall senkte sich urplötzlich tiefe Finsternis über die Karavelle. Die Sicht war ihnen verwehrt, alles wurde pechschwarz. Pechschwarze Wolken hüllten auch die Karavelle ein, und über ihnen bildete sich ein dunkler Pilz.

Da verspürte er zum ersten Male so etwas wie Angst, weil er sich diese Finsternis nicht erklären konnte. In seinem Hals saß eine dicke Qualle, und er gab mühsam den Befehl zum Feuern.

Aber da war kein Gegner mehr. Ihre Kanonen schossen ins Leere und wühlten nur die See auf.

Dann schlug es auch schon bei ihnen mit verheerender Gewalt ein, und Albuquerque flogen Holzsplitter von allen Seiten um die Ohren.

Panik breitete sich an Deck aus, irgendwo drang Wasser ins Schiff.

Weitere schmetternde Schläge ließen die Karavelle immer härter überkrängen. Das Wasser rauschte jetzt stärker.

Sie befanden sich immer noch in dieser fürchterlichen Finsternis und hörten und spürten, wie ihr Schiff zusammengeschossen wurde von einem Gegner, der nicht zu sehen war.

Da gab Dom Alfonso entnervt auf, und eine Jolle, deren Mannschaft als Beobachter fungierte, nahm den Kapitän an Bord. Eine weitere Jolle wurde einfach ins Wasser geworfen, und auf diese stieg Dom Alfonso nach kurzem Zögern um.

Jetzt wollte er den Befehl zum Weitersegeln geben, als ihm dicht unter der Kimm ein schwarzer Strich auffiel. Er sah den Horizont nicht mehr, der an der Stelle wie ausradiert schien.

„Was ist das, de Almeira?“ fragte er leise. „Sehen Sie den schwarzen Streifen auch? Oder täusche ich mich?“

Seine Hand wies in südwestliche Richtung. Weit hinter der Kimm lag dort die Insel Sumatra.

Alle drei starrten jetzt unverwandt zu der Stelle. Dem Augenschein nach schien ein Stück vom Himmel und vom Wasser zu fehlen.

„Das ist der schwarze Nebel, Dom Alfonso“, sagte der Erste mit belegter Stimme. Er legte den Arm auf die Pinne und peilte über das Dollbord hinweg nach Südwesten. „Er ist doch nicht ganz verschwunden.“

„Aber er ist sehr weit entfernt.“

„Wir sind ziemlich weit nach Süden abgedriftet, Dom Alfonso“, meldete sich die piepsende Stimme des Kanoniers, der schüchtern auf der Ducht saß und über das Wasser stierte. „Die Entfernung scheint eine optische Täuschung zu sein. Es sieht nur so weit aus.“

Normalerweise hätte Dom Alfonso den Kanonier jetzt heftig angefahren, aber die Situation war eine andere, und so gab er keine Antwort. Er beugte sich ebenfalls über das Dollbord, um besser sehen zu können.

Dieser unheimliche, wabernde Nebel gab ihnen immer noch Rätsel auf. Sie konnten damit nichts anfangen und hatten auch keine Erklärung dafür. Aber sie fürchteten sich vor dem höllischen Zeug. Selbst dem harten und unbeugsamen Dom Alfonso erging es nicht besser. Er konnte sich nur besser beherrschen als die anderen.

„Segeln Sie in Richtung der schwarzen Wand!“ befahl er nach kurzem Zögern.

De Almeira zuckte zusammen, ließ dann aber von den beiden anderen das Focksegel setzen.

Zu ihrem Erstaunen wurde die schwarze Wand rasch größer, als sie Kurs darauf nahmen. Sie war aber nicht mehr so kompakt, und schon bald ließen sich Einzelheiten erkennen.

Dom Alfonso verbarg sein Entsetzen, obwohl ihm der Schreck heftig in die Glieder fuhr.

Heiser befahl er, das Segel wieder einzuholen, bis die Jolle ruhig in der See dümpelte.

„Das – das ist meine Karavelle“, sagte er tonlos. „Ich dachte, sie sei längst untergegangen.“

Den drei anderen standen fast die Haare zu Berge, als sie erkannten, was sich da vor ihnen abspielte.

Die Szene war gespenstisch und doch sehr realistisch.

Es gab gar keinen Zweifel, daß es sich um ihre Karavelle handelte.

Sie lag halb entmastet in der See und trieb mit schwerer Schlagseite vor dem Wind dahin.

Albuquerque erkannte, daß sie bald sinken würde, und sein Gesicht verzerrte sich in ohnmächtiger und hilfloser Wut.

Neben der sinkenden Karavelle lagen die englischen Bastarde. Sie hatten an dem Schiff vertäut. Gestalten rannten hin und her. Es herrschte eine lautlose Emsigkeit.

Immer mehr Gestalten tauchten schemenhaft aus dem Nebel und schleppten Fässer, Kisten und andere Dinge von der Karavelle zur Schebecke hinüber.

„Sie plündern das sinkende Schiff aus“, sagte de Almeira im Flüsterton. „Sie schleppen unser Pulver von Bord, unseren Proviant und …“

Seine Stimme erstarb, die hilflose Wut erstickte sie. Er sah mit finsterem Gesicht dem nächtlichen Treiben zu, das sich wie ein Spuk vor ihren Augen vollzog.

Beide Schiffe waren nur undeutlich und vage zu...