König Heinrich V.

König Heinrich V.

von: William Shakespeare

Saga Egmont, 2021

ISBN: 9788726885880 , 106 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 4,99 EUR

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Mehr zum Inhalt

König Heinrich V.


 

Zweite Szene


Ein Audienzsaal im Palast

König Heinrich, Gloster, Bedford, Exeter, Warwick, Westmoreland und Gefolge

König Heinrich.

Wo ist der würdge Herr von Canterbury?

Exeter.

Nicht gegenwärtig.

König Heinrich.

Sendet nach ihm, Oheim.

Westmoreland.

Mein König, soll man den Gesandten rufen?

König Heinrich.

Noch nicht, mein Vetter; Dinge von Gewicht,

Betreffend uns und Frankreich, liegen uns

Im Sinne, über die wir Auskunft wünschen,

Eh wir ihn sprechen.

Der Erzbischof von Canterbury und Bischof von Ely treten auf.

Canterbury.

Gott samt seinen Engeln

Beschirme Euren heilgen Thron und gebe,

Daß Ihr ihn lange ziert!

König Heinrich.

Wir danken Euch.

Fahrt fort, wir bitten, mein gelehrter Herr;

Erklärt rechtmäßig und gewissenhaft,

Ob uns das Salische Gesetz in Frankreich

Von unserm Anspruch ausschließt oder nicht.

Und Gott verhüte, mein getreuer Herr,

Daß Ihr die Einsicht drehn und modeln solltet

Und schlau Eur wissendes Gemüt beschweren

Durch Vortrag eines mißerzeugten Anspruchs,

Des eigne Farbe nicht zur Wahrheit stimmt.

Denn Gott weiß wie so mancher, jetzt gesund,

Sein Blut zu des Bewährung noch vergießt,

Wozu uns Eur Hochwürden treiben wird.

Darum gebt acht, wie Ihr Euch selbst verpfändet,

Wie Ihr des Krieges schlummernd Schwert erweckt;

In Gottes Namen mahn ich Euch: gebt acht!

Denn niemals stritten noch zwei solche Reiche,

Daß nicht viel Blut floß, des unschuldge Tropfen

Ein jeglicher ein weh und bittre Klage

Sind über den, der schuldig Schwerter wetzte,

Die so die kurze Sterblichkeit verheeren.

Nach der Beschwörung sprecht, mein würdger Herr;

Wir wollens merken und im Herzen glauben,

Das, was Ihr sagt, sei im Gewissen Euch

So rein wie Sünde bei der Tauf gewaschen.

Canterbury.

So hört mich, gnädiger Monarch, und Pairs,

Die diesem Herrscherthron eur Leben, Treue

Und Dienste schuldig seid: nichts einzuwenden

Ist wider Seiner Hoheit Recht an Frankreich,

Als dies, was sie vom Pharamund ableiten:

In terram Salicam mulieres ne succedant,

Auf Weiber soll nicht erben Salisch Land.

Dies Sal'sche Land nun deuten die Franzosen

Als Frankreich fälschlich aus, und Pharamund

Als Stifter dieser Ausschließung der Frauen.

Doch treu bezeugen ihre eignen Schreiber,

Daß dieses Sal'sche Land in Deutschland liegt,

Zwischen der Sala und der Elbe Strömen,

Wo Karl der Große, nach der Unterjochung

Der Sachsen, Franken angesiedelt ließ,

Die aus Geringschätzung der deutschen Fraun,

Als die in unehrbaren Sitten lebten,

Dort dies Gesetz gestiftet, daß kein Weib

Je Erbin sollte sein im Sal'schen Land,

Das, wie ich sagte, zwischen Elb und Sala

In Deutschland heutzutage Meißen heißt.

So zeigt sichs klar: das Salische Gesetz

Ward nicht ersonnen für der Franken Reich;

Noch auch besaßen sie das Sal'sche Land

Als bis vierhunderteinundzwanzig Jahre

Nach dem Hinscheiden König Pharamunds,

Den man den Stifter des Gesetzes wähnt.

Er starb im Jahr nach unsers Heilands Kunft

Vierhundertsechsundzwanzig; Karl der Große

Bezwang die Sachsen, setzte Franken ein

Jenseits des Flusses Sala, in dem Jahr

Achthundertfünf. Dann sagen ihre Schreiber,

König Pippin, der Childrich abgesetzt,

Gab Recht und Anspruch vor an Frankreichs Krone,

Als allgemeiner Erbe, von Blithilden,

Der Tochter stammend Königes Chlotar.

Auch Hugo Capet, der die Kron entriß

Herzogen Karl von Lothring, einzgem Erben

Vom echten Haus und Mannsstamm Karls des Großen,

Mit ein'gem Schein den Anspruch zu beschönen,

Der doch in Wahrheit schlecht und nichtig war,

Gab sich als Erben aus von Frau Lingaren,

Der Tochter Karlmanns, der von Kaiser Ludwig

Der Sohn war, so wie Ludewig der Sohn

Von Karl dem Großen. Auch Ludewig der Zehnte,

Des Usurpators Capet einzger Erbe,

Konnt im Gewissen keine Ruhe haben

Bei Frankreichs Krone, bis man ihm erwies,

Daß Isabell, die schöne Königin,

Von der er Enkel war in grader Reih,

Abstamme von Frau Irmengard, der Tochter

Des vorerwähnten Herzogs Karl von Lothring;

Durch welche Eh die Linie Karls des Großen

Mit Frankreichs Krone neu vereinigt ward,

So daß so klar wie Sonnenlicht erscheint:

Das Recht Pippins und Hugo Capets Vorwand

Und Ludewigs Beruhigung, sie gründen

Sich auf der Frauen Recht und Anspruch alle;

Wie Frankreichs Kön'ge tun bis diesen Tag,

Wiewohl sie gern das Salische Gesetz

Behaupten möchten, Euer Hoheit Anspruch

Von Frauen Seite damit auszuschließen,

Und lieber sich verstricken in ein Netz,

Als die verdrehten Rechte bloßzulegen,

Die Euch und Euren Vordern sie entwandt.

König Heinrich.

Kann ich nach Pflicht und Recht die Fordrung tun?

Canterbury.

Die Sünde auf mein Haupt, gestrenger Fürst!

Denn in dem Buch der Numeri steht geschrieben

«Der Tochter sei das Erbe zugewandt,

Wenn der Sohn stirbt.» Behauptet, gnädger Herr,

Was Euch gebührt; entrollt Eur' Blutpanier';

Schaut Euch nach Euren mächtgen Ahnen um,

Geht Herr, zu Eures Ältervaters Gruft,

Auf den Ihr Euch mit Eurer Fordrung stützt;

Ruft seinen tapfern Geist und Eduards an,

Des Schwarzen Prinzen, Eures Großoheims,

Der dort auf fränkschem Grund ein Trauerspiel,

Die Macht von Frankreich schlagend, aufgeführt,

Indes sein großer Vater lächelnd stand

Auf einer Höh und seinen jungen Löwen

Sich weiden sah im Blut des fränkschen Adels.

O edle Englische, die trotzen konnten

Mit halbem Heere Frankreichs ganzem Stolz,

Und lachend stand dabei die andre Hälfte,

Ganz kühl und unbeschäftigt bei dem Kampf.

Ely.

Weckt die Erinnrung dieser tapfern Toten,

Mit mächtgem Arm erneuet ihre Taten!

Ihr seid ihr Erb, Ihr sitzt auf ihrem Thron,

Das Blut, der Mut rinnt in den Adern Euch,

Der sie erhob; mein dreimal mächtger Fürst

Ist in dem Maienmorgen seiner Jugend,

Zu Tat und großer Unternehmung reif.

Canterbury.

Die Herrn der Erde, Eure Mitmonarchen,

Erwarten alle, daß Ihr Euch ermannt,

So wie die vorgen Löwen Eures Bluts.

Westmoreland.

Sie wissen, Ihr habt Grund und Macht und Mittel:

Die hat Eur Hoheit auch; kein König Englands

Hat einen reichern Adel je gehabt,

Noch treure Untertanen, deren Herzen

Die Leiber hier in England heim gelassen

Und sich in Frankreichs Feldern schon gelagert.

Canterbury.

O laßt die Leiber folgen, bester Fürst,

Gewinnt Eur Recht mit Blut und Feur und Schwert,

Wozu wir von der Geistlichkeit Eur Hoheit

Solch eine starke Summ erheben wollen,

Als nie die Klerisei mit einemmal

Noch einem Eurer Ahnen zugebracht.

König Heinrich.

Man muß nicht bloß sich wider die Franzosen

Zum Angriff rüsten, auch zum Widerstand

Die Vorkehrungen gegen Schottland treffen,

Das einen Zug sonst wider uns wird tun

Mit allem Vorteil.

Canterbury.

Die an den Marken dort, mein gnädger Fürst,

Sind stark genug zur Maur, das innre Land

Vor...