Die schönste Blume des Harems

Die schönste Blume des Harems

von: Annie West

CORA Verlag, 2021

ISBN: 9783751513234 , 144 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 2,49 EUR

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Die schönste Blume des Harems


 

1. KAPITEL

„Gib auf, Jack! Wir kommen hier nicht durch!“ In dem Tohuwabohu aus Menschen, Fahrzeugen und Vieh war Imrans Stimme kaum zu vernehmen.

„Nein!“ Jacqueline, die meistens Jacqui genannt wurde, schüttelte den Kopf. „Wir schaffen es!“

Sie hatten die einmalige Chance, einen der Oppositionsführer vor die Kamera zu bekommen. Einen Reformer, den die offiziellen Stellen am liebsten zum Schweigen gebracht hätten und an den man nur schwer herankam. Dieses Interview durften sie sich nicht entgehen lassen!

Doch ein ungutes Gefühl beschlich Jacqueline. Die überfüllte Straße kam ihr seltsam bekannt vor, als ob sie hier schon einmal gewesen wäre. Und dieser Geruch nach Staub, Schweiß und Gewürzen … Hatte sie ein Déjà-vu? Eine böse Vorahnung lies Jacqueline unvermittelt stehen bleiben.

Angst stieg in ihr auf. „Imran?“

„Ich bin hier, Jack.“ Als Jacqueline herumwirbelte, sah sie ihn – groß, die Kamera auf der Schulter, die schalkhaften Augen zusammengekniffen, weil die Sonne ihn blendete.

Erleichterung überkam sie.

„Wenn du lieber ins Hotel zurück möchtest, versuche ich, ihn allein aufzuspüren, und rufe dich dann an“, sagte sie.

Doch Imran zeigte keinerlei Reaktion.

Hatte er sie nicht gehört? Verwirrt fuhr Jacqueline sich über die Stirn. Ihr war heiß. Alles erschien ihr seltsam unwirklich. Sie blinzelte und versuchte, sich zu konzentrieren. Dies würde ihre beste Story überhaupt werden. Es war die Gelegenheit, die Wahrheit über dieses Unterdrückerregime zu schreiben. Dann würden die Weltmächte nicht länger die Augen vor der Gewalt verschließen können.

„Komm, beeil dich, Jack.“ Entschlossen schritt Imran an ihr vorbei und bahnte sich zielstrebig einen Weg zwischen den Passanten hindurch.

Jacqueline wollte ihm folgen, konnte sich aber plötzlich nicht mehr von der Stelle rühren. Um sie herum schienen sich alle wie in Zeitlupe zu bewegen. Nur Imran entfernte sich immer schneller von ihr. Das Déjà-vu-Gefühl verstärkte sich, und ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Jacqueline wollte rufen, doch sie brachte kein Wort über die Lippen. Hilflos beobachtete sie, wie Imran in der Menge verschwand.

Und dann passierte es. Eine heftige Erschütterung war zu spüren, dann folgte ein ohrenbetäubender Knall.

Schockiert erwachte Jacqueline aus ihrer Starre – und rannte los. Erst als sie auf dem Boden die Überreste einer Kamera sah, kam sie stolpernd zum Stehen.

Imran! Ein Stück der Kamera lag noch in seinen starren Händen. Jacqueline kniete sich neben den reglosen Körper und versuchte, die Situation zu erfassen. Imrans seltsam verdrehte Arme und Beine, den Staub, das viele Blut. Fassungslos streckte Jacqueline die Hand aus. Diesen Menschen hatte sie besser gekannt als jeden anderen!

Ein Schluchzen entwich ihrer Kehle und formte sich zu einem verzweifelten Schrei …

Aufgebracht trat Asim in den mondbeschienenen Innenhof des alten Palasts. Wie hatte sein Botschafter diese Frau nur als potenzielle Braut vorschlagen können? Oder dem alten Emir zu verstehen geben können, dass dieser seine Nichte mitbringen sollte? Dies hätte ein ganz normaler Staatsbesuch zum Abschluss des Energieabkommens sein sollen. Stattdessen schien sich der Besuch des Emirs in Jazeer zu einem diplomatischen Desaster zu entwickeln.

Asim ließ den duftenden Garten hinter sich und betrat wieder einen Bogengang. Am liebsten wäre er mit seinem Geländewagen in die Wüste gefahren, doch am nächsten Morgen würde er wieder den Gastgeber spielen müssen. Er durfte den Emir nicht in seinem Stolz verletzen, musste ihm allerdings klarmachen, dass er seine Nichte nicht heiraten würde, so schön sie auch sein mochte.

Asim verzog das Gesicht. Als junger Mann hatte er einschlägige Erfahrungen gesammelt und mit den schönsten Frauen geschlafen. Aber glaubten sie wirklich, er würde sich so von dem Charme dieser Frau einwickeln lassen, dass er über ihren Charakter hinwegsah? Heute Abend hatte die Nichte des Emirs sich zwar sehr unschuldig gegeben, doch er wusste, dass sie gern um die Welt jettete, ständig Affären hatte und sogar Drogen nahm.

Die zukünftige Frau des Sultans von Jazeer musste nicht nur schön, sondern auch intelligent, würdevoll und über jeden Zweifel erhaben sein – und eine liebevolle Mutter.

Seine Ehefrau würde das genaue Gegenteil seiner eigenen Mutter sein.

Oh ja, sie war eine Schönheit gewesen. Und auch liebevoll – auf ihre eigene Art.

Ein eisiger Schauer lief ihm über den Rücken. Das Schicksal sollte ihn vor der Liebe bewahren! Dieser Fluch hatte erst seine Eltern vernichtet und dann seine Schwester. Auf keinen Fall wollte er etwas Ähnliches erleben!

Asim atmete tief durch. Eigentlich hatte er sich in aller Stille eine Braut suchen wollen. Von nun an würde man wild spekulieren und ihm eine Kandidatin nach der anderen vorstellen.

Ein lauter Schrei ließ ihn zusammenzucken, und Asim hob den Kopf und blickte sich um. Ein weiterer unheimlicher Schrei durchbrach die nächtliche Stille.

Asim ging einen weiteren Bogengang entlang. Dieser führte zu einem noch älteren Trakt, der nicht mehr benutzt wurde. Wieder hörte er einen Schrei, als er einen verwilderten Teil des Gartens betrat. Und wieder. Schrill, gequält. Er eilte weiter. Sobald er sich dem Pavillon am hinteren Ende des Gartens näherte, sah er einen Lichtschein und verspürte einen Adrenalinschub.

Asim rannte darauf zu. Er konnte allerdings weder Flammen noch Rauch sehen. Durch den breiten Eingang und den dunklen Flur gelangte er in einen Raum, in dem Licht brannte. Mit klopfendem Herzen blieb er stehen, so unerwartet traf ihn der Anblick, der sich ihm bot.

Eine altmodische Lampe tauchte den Raum mit den Wandgemälden und dem Mosaikfußboden in sanftes Licht. Es gab nur einen kleinen Tisch, eine mit Schnitzereien verzierte Kommode und ein breites Bett.

Fassungslos betrachtete er die Frau, die nackt darauf lag. Das warme Licht ließ ihren Körper golden schimmern – die langen, schlanken Beine, den flachen Bauch, die hohen, festen Brüste, die sich bei jedem Atemzug bewegten, den schlanken Hals und die schmerzhaft verzogenen Lippen. Ihre Arme ruhten über ihrem Kopf auf einem Satinkissen.

Verblüffung, Neugier und heiß aufloderndes Verlangen kämpften in ihm um die Oberhand. Asim schluckte und ließ den Blick von ihren Brüsten zu dem Dreieck zwischen ihren Schenkeln gleiten. Dann riss er sich zusammen und ging auf die Frau zu.

Ihr verschwitztes dunkelblondes Haar verwirrte sich auf dem Kissen zu wilden Strähnen, als sie den Kopf hin und her warf und im Schlaf stöhnte. Sobald er vor ihr stand, spürte er die Hitze, die sie ausstrahlte. Schnell verschränkte er die Hände im Rücken, um sie nicht zu berühren.

Wer war diese Frau?

Ungeachtet seiner hohen Position hatten sich ihm schon einige Frauen schamlos dargeboten. Gehörte diese Frau auch dazu? Die Reaktion seines Körpers bewies jedenfalls, dass sie sein Interesse geweckt hatte. Früher wäre er vielleicht in Versuchung geraten, doch jetzt suchte er eine Ehefrau und keinen One-Night-Stand.

Unwillkürlich betrachtete er wieder ihren Körper. Sie war sehr schlank, beinah dünn, und groß. Ein Model?

Mühsam musste Asim die Erregung unterdrücken, die sein Blut in Wallung brachte. Langsam streckte er eine Hand zu ihrer Brust und obwohl er die Frau nicht berührte, glaubte er, eine ihrer Knospen zu spüren. Schnell ballte er seine Hand zur Faust, um der Versuchung zu widerstehen.

Plötzlich bewegte sich die Frau im Schlaf. Sie atmete hörbar ein und seufzte im nächsten Moment tief.

Beschämt wich Asim einen Schritt zurück, denn er fühlte sich plötzlich wie ein Voyeur. „Aufwachen!“, sagte er energisch.

Zuerst reagierte sie nicht. Er öffnete den Mund, um es zu wiederholen, doch da bewegte sich die fremde Frau erneut – und begann laut zu schreien.

„Aufwachen! … Aufwachen!“ Wie ein Mantra gingen ihr die Worte durch den Kopf. Der Boden bebte, und sie wurde wie eine Puppe durch die Luft geschleudert. Doch Jacqui lief nicht weg. Warum sollte sie auch? Sie hatte Imran der Gefahr ausgesetzt, und nun war er tot. Wie konnte sie überhaupt ans eigene Überleben denken?

Aber die Stimme verstummte nicht. „Aufwachen!“ Jemand hatte geschrien. Jacqui brauchte eine Weile, um sich bewusst zu machen, dass es ihre eigenen Schreie gewesen waren. Angst ergriff sie, obwohl die Panik des Traums langsam abzuebben begann.

Sie hatte wieder geträumt.

„Schon besser.“ Das war wieder die Stimme. Beruhigend und so tief, dass sie sie bis ins Innerste berührte. „Sie sind jetzt wach, stimmt’s?“

Imran ist tot. Eine tiefe Trauer überkam sie.

Tränen liefen ihr über die Wangen, und sie wischte sie schnell weg. Die Wärme an ihren Schultern ließ nach. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass jemand sie berührt hatte. Schockiert öffnete Jacqui die Lider.

Ich bin nicht allein.

Dunkle Augen unter geraden schwarzen Brauen blickten sie forschend an. In den Winkeln zeichneten sich feine Fältchen ab, ein Beweis dafür, dass dieser Mann viel Zeit im Freien verbrachte. Wie gebannt erwiderte sie seinen Blick. Er kam ihr irgendwie bekannt vor.

„Geht es Ihnen besser?“, erkundigte er sich besorgt.

Obwohl sie noch ganz unter dem Eindruck des Albtraums stand, hatte sie keine Angst. Ja, sie war erleichtert, dass sie nicht im Dunkeln allein war.

Der Mann stand so...