Heiratsantrag auf Hawaii

Heiratsantrag auf Hawaii

von: Jennifer Faye

CORA Verlag, 2021

ISBN: 9783751513227 , 144 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 2,49 EUR

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Heiratsantrag auf Hawaii


 

1. KAPITEL

Zwölf Wochen später

Nikolaos Stravos duschte in aller Eile. Er hatte verschlafen. Das war ihm noch nie passiert. Das Blue Tide Resort schien ihn zu atypischem Verhalten zu verleiten. Bei seinem letzten Aufenthalt hatte er den ersten One-Night-Stand seines Lebens gehabt. Die Erinnerung an die Stunden mit der faszinierenden Frau ließ ihn lächeln.

Seit jener Nacht hatte sich viel verändert in seinem Leben. Er war inzwischen alleiniger Geschäftsführer des Stravos Trusts, eine Position, auf die er von Jugend an vorbereitet worden war und die geradezu übermenschliche Anstrengungen von ihm forderte.

Angefangen hatte alles hier im Resort, bei der Hochzeitsfeier seiner neu gefundenen Cousine Kyra mit dem Hotelier Cristo Kiriakas. Das Fest hatte für Niko in einer unvergesslichen Nacht mit der Brautjungfer Sofia geendet. Kurz darauf war sein Großvater einem Herzanfall erlegen, plötzlich und unerwartet, und er war ganz allein dagestanden – nicht zum ersten Mal in seinem Leben.

Er drehte den Wasserhahn zu, schnappte sich ein Badetuch und frottierte sich ab. Statt sich gedanklich auf die Konferenz mit Cristo vorzubereiten, ging ihm Sofia nicht aus dem Kopf. Er nahm sich vor, sich nach ihr zu erkundigen, denn er wusste so gut wie nichts über sie. Als er am Morgen nach der Hochzeit aufgewacht war, war sie nicht mehr da gewesen, verschwunden wie ein Traum.

Ein Poltern riss ihn aus seinen Gedanken. Es klang, als wäre etwas umgefallen. Was und warum? Er hatte kein Fenster offen stehen gelassen, Zugluft konnte also nicht die Ursache sein. Er beschloss nachzusehen, was passiert war, schlang das Handtuch um seine Hüften und ging los. Auf den Fliesen machten seine nackten Füße kein Geräusch.

Im Wohnzimmer entdeckte er die Ursache für das Poltern: Eine schöne junge Frau hatte offenbar die Lampe auf dem Ecktisch umgeworfen. Gerade versuchte sie, sie aufzurichten. Als sie ihn bemerkte, zuckte sie zusammen und schrie vor Schreck auf.

Es dauerte einen Moment, ehe ihm bewusst wurde, dass er sie kannte: Es war Sofia, Kyras Brautjungfer. Ihr Blick fiel auf das Handtuch um seine Hüften, und sie errötete heftig. Das amüsierte ihn, schließlich hatten sie eine leidenschaftliche Nacht miteinander verbracht.

Es tat Niko zwar leid, sie erschreckt zu haben, doch die unerwartete Begegnung ließ ihn seine guten Manieren vergessen. Statt sich zurückzuziehen, um sich etwas überzuziehen, fragte er: „Was machst du denn hier?“

Sie öffnete den Mund, brachte aber kein Wort heraus. Unvermittelt drehte sie sich um und stürmte aus der Tür, aus dem Bungalow.

„Hey, warte!“ Das hatte er nicht beabsichtigt. Verblüfft registrierte er, wie sehr ihn das Wiedersehen freute. Sie durfte ihm nicht entkommen! Erst wollte er den Grund für ihren Besuch erfahren. Kurz entschlossen lief er ihr hinterher. Erst als er im Freien stand, wurde ihm bewusst, dass er nichts am Leib trug als ein Handtuch. Verlegen blieb er stehen und sah ihr nach.

Während andere Frauen sich an ihn klammerten, lief Sofia immer wieder vor ihm davon. Das erregte seine Neugier. Er nahm sich vor, bei der nächsten Begegnung behutsamer vorzugehen.

Eine Hand aufs Geländer gestützt, sah er ihr nach, bis sie außer Sicht war. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie eine Zimmermädchenuniform trug. Arbeitete sie etwa im Hotel?

Ein Pfiff ertönte, und er wandte sich um. Vor dem Nachbarbungalow sonnte sich eine hübsche Brünette im roten Bikini. Sie lächelte und winkte ihm zu, doch er erwiderte die Geste nicht.

Drinnen klingelte sein Handy zur Erinnerung an seinen Termin in fünfzehn Minuten. Widerwillig kehrte er ins Haus zurück, aber Sofia ging ihm nicht aus dem Kopf. Hatte sie die gemeinsame Nacht ebenso wenig vergessen können wie er? War das der Grund für ihren Besuch? Wieso war sie dann geflohen? An seiner spärlichen Bekleidung lag es sicher nicht.

Nachdenklich schlüpfte er in den erstbesten Anzug. Seine Erfahrungen mit Frauen waren begrenzt, und daran gedachte er so bald auch nichts zu ändern. Sollte er eines Tages heiraten, würde es eine Vernunftehe sein. Er hatte in seinem Leben bereits zu viele Verluste erlitten, um sein Herz für eine Romanze aufs Spiel zu setzen. An Liebe glaubte er ohnehin nicht. Eine strategisch geplante, auf Respekt und gemeinsamen Zielen basierende Ehe erschien ihm als ideal für alle Beteiligten.

Vergiss Sofia, sagte er sich. Sie erwartete vermutlich etwas Dauerhaftes, während er ihr bestenfalls flüchtige Aufmerksamkeit schenken könnte. Bereits am nächsten Morgen musste er auf eine Mission abreisen, auf die sein Großvater ihn gesandt hatte. Für die schöne Frau mit den geheimnisvollen Augen blieb ihm keine Zeit.

Sofias Herz pochte heftig, als sie in den Umkleideraum im Untergeschoss des Resorts schlüpfte. Es war Vormittag, ihre Kollegen waren bei der Arbeit, während die Hotelgäste sich am Strand in der Sonne aalten, Golf spielten oder die malerische griechische Küste erkundeten.

Sie trat an ihren Spind und lehnte sich schwer atmend dagegen. Was wollte Niko im Blue Tide Resort? Warum hatte Kyra nichts von seinem Besuch erwähnt? Mit bebenden Händen zog sie ihr Handy aus der Tasche. Ihre Augen brannten, ihr Magen revoltierte. Die unerwartete Begegnung hatte sie zutiefst erschüttert. An der Tür seines Bungalows hatte kein Bitte nicht stören-Schild gehangen. Wie vorgeschrieben, hatte sie dennoch mehrfach angeklopft und war erst eingetreten, als sie keine Antwort erhalten hatte. Daher hatte sie sich fast zu Tode erschreckt, als jemand ins Zimmer getreten war. Ausgerechnet Niko! Mit bebenden Fingern schrieb sie eine Nachricht an Kyra:

Er ist hier!

Sekundenlang passierte nichts. Wenn man Kyra einmal brauchte … Unwillkürlich legte sie eine Hand auf ihren noch flachen Bauch. „Schon gut, Kleines. Wir kriegen das hin, das verspreche ich dir.“ Ungeduldig tippte sie:

Ich brauche dich.

Endlich antwortete Kyra.

Bin schon da. Wer ist hier?

Niko. Was soll ich nur tun?

Willst du ihn sehen?

Sofia hatte Kyra nichts von dem One-Night-Stand erzählt, obwohl sie bisher alles mit ihrer besten Freundin geteilt hatte. Niko war Kyras neu entdeckter Cousin, das machte es so kompliziert. Außerdem gab es noch etwas, das sie ihr verheimlichte: ihre Schwangerschaft. Davon hatte sie selbst erst Anfang der Woche erfahren. Sie wollte es Kyra sagen, sobald sie wusste, wie Niko dazu stand.

Nein. Ja. Ich weiß nicht.

Soll ich ihm etwas von dir ausrichten?

Nein!

Sag Bescheid, falls du deine Meinung änderst.

Wie immer zeigte sich Kyra großzügig und hilfsbereit. Sie hatte ihrer Freundin auch einen Platz im Programm für das hauseigene Managementtraining verschafft. Trotzdem dachte Sofia ernsthaft darüber nach, in die USA zurückzukehren und dort Rechnungswesen zu studieren. Sie hatte schon immer ein Händchen für Zahlen gehabt.

Kyras Angebot, die Vermittlerin zwischen ihr und Niko zu spielen, war verlockend, doch sie musste ihn persönlich sprechen. Wie würde er wohl auf ihre Neuigkeit reagieren?

Beschwingt kehrte Niko in seinen Bungalow zurück. In einer Hand hielt er die Notizen, die er während des Treffens mit Cristo angefertigt hatte, mit der anderen löste er seine Krawatte und öffnete die obersten Hemdknöpfe. Aus Gewohnheit war er im Anzug zu dem Meeting gegangen. In formeller Kleidung fühlte er sich mehr in Kontrolle, ganz wie sein Großvater es ihm vorgelebt hatte. Da sein Vater jung verstorben war, war Niko die Rolle des Konzernerben zugefallen. Er tat alles, um seinen Vater und Großvater stolz auf sich zu machen.

Cristo dagegen war leger gekleidet erschienen, obwohl der Ankauf der Stravos-Star-Hotelkette ein wichtiges Projekt war. Die Verhandlung war gut verlaufen, und Niko hätte eigentlich in Hochstimmung sein müssen, aber sobald er das Wohnzimmer betrat, hatte er ein schlechtes Gewissen.

Sofia hatte ihn angesehen wie Rotkäppchen den bösen Wolf. Er hätte sie nicht so unfreundlich ansprechen dürfen!

Kopfschüttelnd setzte er sich hinter den geräumigen Schreibtisch und schaltete den Laptop ein. Seit dem Morgen waren zahlreiche geschäftliche E-Mails eingetroffen. Sie würden noch eine Weile warten müssen. Stattdessen formulierte er ein Schreiben an seine Rechtsabteilung bezüglich seiner Absprachen mit Cristo. Dabei drängte sich immer wieder Sofia in seine Gedanken. Er erinnerte sich an ihren erschrockenen Blick und ihre Flucht. Mühsam konzentrierte er sich wieder auf seine Arbeit und las die Mail aufmerksam durch, bevor er sie abschickte. Inzwischen waren weitere Nachrichten in seiner Eingangsbox aufgelaufen, aber erneut musste er an Sofia denken.

Was hatte sie nur zu ihm geführt? Sie hatte geradezu ängstlich ausgesehen. Da er ahnte, dass er sich erst wieder auf die Arbeit konzentrieren konnte, wenn er die Antwort darauf kannte, griff er zum Telefon. An der Rezeption bat er, man möge ihm das für seine Räume zuständige Zimmermädchen schicken. Er hätte Papiere verlegt, die sie ihm finden helfen sollte. Geradeheraus nach Sofia zu fragen hätte zu viele Fragen aufgeworfen.

Kaum fünf Minuten später klopfte es an der Tür. Draußen stand Sofia, einen Stapel flauschiger weißer Handtücher im Arm. „Hallo! Danke, dass du gekommen bist.“

Verlegen wich sie seinem Blick aus. „Ich … ich habe keine Unterlagen bemerkt.“

„Wie...