Pflanzen endlich verstehen - Wie sie ticken und was sie brauchen

Pflanzen endlich verstehen - Wie sie ticken und was sie brauchen

von: Karin Greiner

GRÄFE UND UNZER, 2022

ISBN: 9783833887031 , 176 Seiten

Format: ePUB

Kopierschutz: Wasserzeichen

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Preis: 15,99 EUR

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Pflanzen endlich verstehen - Wie sie ticken und was sie brauchen


 

Verborgen im Untergrund: Wurzeln


»Alles, was du sehen kannst, hat seine Wurzeln in der Unsichtbaren Welt«, lautet ein Sinnspruch des persischen Dichters Rumi (1207–1273).

DIESER SPRUCH ist nicht nur metaphorisch zu betrachten, er gilt wörtlich auch für Pflanzen – denn wer blickt schon auf das Wachstum im Boden. Aber was sich unterhalb der Erdoberfläche tut, sollte jeden Gärtner interessieren, denn das gesamte Pflanzendasein hängt davon ab.

Wurzeln wachsen stets dem Licht entgegengesetzt, von der Schwerkraft geleitet ins Erdreich hinab. Mit überaus feinfühligen Sensoren spüren sie im Untergrund Wasser und Nährsalzvorräte auf. Sie können dick oder dünn sein, sich in große Tiefen erstrecken oder nahe der Oberfläche bleiben. Jede Pflanzenart entwickelt ein für sie typisches Wurzelwerk, das jedoch entsprechend den Gegebenheiten angepasst wird. So vielgestaltig sich Pflanzen oberirdisch zeigen, so abwechslungsreich sind auch Wurzelgeflechte. Eine Gemeinsamkeit gibt es dennoch: Wurzeln werden niemals grün, selbst nicht am Licht.

Wer geht mit wem ins Beet?

Dicht nebeneinanderwachsende Pflanzen konkurrieren um Platz im Erdreich, um Wasser und Mineralstoffe. Je üppiger sie ihr Wurzelgeflecht ausbreiten können, umso wuchsstärker sind sie. Um sich nicht gegenseitig zu stören und den Boden bestens ausnutzen zu können, entwickeln sie höchst unterschiedliche Wurzelsysteme.

Was sich in freier Natur von selbst regelt, darauf achtet man im Garten vor allem bei der Mischkultur: Dass tief wurzelnde neben flach wurzelnden Arten stehen, etwa Möhren in Partnerschaft mit Salat. In Mischkultur wachsen Pflanzen viel besser.

1 Feinwurzeln zur Wasseraufnahme

2 Wurzel verdickt als Speicher

3 Hauptwurzel zur Verankerung

4 Wurzelspitze beim Eindringen

Wurzeln durchdringen den Untergrund, verankern im Boden, saugen Wasser und Nährstoffe auf, können speichern.

WICHTIGES WURZELWISSEN


Wurzeln sind elementar für das Pflanzenwachstum. Von ihnen hängt ab, wie viel Wasser und Nährstoffe aufgenommen und fürs Gedeihen über der Erde zur Verfügung gestellt werden können. Durch immer weitere Verzweigungen (Seitenwurzeln, Feinwurzeln) sowie feinste Ausstülpungen (Wurzelhaare) vergrößern Pflanzen die Oberfläche ihrer unterirdischen Organe enorm. Die Wurzeln einer gut entwickelten Roggenpflanze können unglaubliche 10.000 Kilometer lang werden!

Das Wurzelsystem steht in direktem Zusammenhang mit den Ausmaßen von Sprossen und Blättern, also den überirdischen Pflanzenteilen. Das oberirdische Ausmaß einer Pflanze findet sich etwa gleichermaßen gespiegelt nochmals unter der Erde wieder. Wollen Sie in Ihrem Garten rasch kräftig entwickelte Pflanzen, müssen Sie dafür sorgen, dass reichlich Raum für Wurzeln vorhanden ist. Und der sollte natürlich nicht nur leicht durchwurzelbar, sondern auch gut versorgt mit Wasser und Nährsalzen sein – und möglichst nur der erwünschten Pflanze zur Verfügung stehen, Konkurrenz ist auch unter der Erde ein großes Thema.

Häufig nasser Boden

Ein lockerer, feinkrümeliger Boden, ein gut belüftetes Erdreich, eine reich mit Humus durchsetzte Erdkrume, das strebt jeder Gärtner an. Sauerstoff ist im Bodenbereich unerlässlich, denn wie alle Pflanzenorgane müssen auch Wurzeln atmen. Sie benötigen den Sauerstoff, um Kohlenhydrate, die in den Blättern gebildet und mit denen sie über den Spross versorgt werden, zu veratmen und zum Wachsen zu nutzen. Fehlt die Luft zwischen den Bodenteilchen, ersticken Wurzeln förmlich. In stark verdichteten und vernässten Böden ist die lebensnotwendige Bodenluft aber Mangelware.

Was dann passiert, hat wohl jeder in seinem Gärtnerleben schon einmal erlebt: Wenn man es mit dem Wässern zu gut gemeint hat, zeigen Pflanzen schnell Welkesymptome und gehen schließlich zugrunde. Die Wurzeln faulen, können Sprosse und Blätter nicht mehr versorgen. Staunässe ist der programmierte Tod für die Mehrheit der Pflanzen, nur Spezialisten wie Sumpfdotterblume oder Weiden kommen mit lang anhaltender Nässe im Untergrund zurecht. Eine gute Drainage ist wichtig, damit überschüssiges Wasser schnell versickert und sich nicht über einer undurchdringlichen Bodenschicht sammelt. Verdichteter oder schwerer Boden muss tiefgründig gelockert werden, bei zur Vernässung neigenden Böden helfen Drainagerohre. Und wenn alles nicht hilft oder nicht möglich ist, bleibt als Alternative das Gärtnern in Hochbeeten.

KARTOFFELN SIND KEINE WURZELTEILE,

SONDERN VERDICKTE SPEICHERORGANE VON

UNTERIRDISCHEN SPROSSACHSEN. BEWEIS:

SIE WERDEN GRÜN, SOBALD SIE LICHT BEKOMMEN.

Nicht alles Unterirdische ist Wurzel

Am Ergrünen lässt sich gut unterscheiden, was echte Wurzeln oder Rhizome sind. Letztere, auch Erdsprosse (oder etwas verwirrend Wurzelstöcke) genannt, sind knapp unter der Erde oder dicht über dem Boden überwiegend horizontal wachsende Sprosse (>). Davon zweigen in Abständen Wurzelbüschel ab, schieben sich Blätter und Triebe nach oben. Häufig sind Erdsprosse verdickt, dienen als Speicherorgane. Solche Rhizome bilden Chlorophyll, wenn Sonnenlicht sie erreicht.

Rhizome bilden z. B. Spargel, Iris, Maiglöckchen, Minzen, Bambus, Schachtelhalm, Quecke oder Giersch. Was sich bei vielen Rhizompflanzen wie Iris als profitabel erweist, hält man etwa beim Giersch für eine Unart: Abgetrennte Rhizomstücke sorgen für schnelle Vermehrung. Kartoffeln, Süßkartoffeln, Topinambur oder Yacon entwickeln an ihren Rhizomen dicke Knollen, die uns als Gemüse dienen.

Wurzelbärte und Ringelwurzeln vermeiden

In Gefäßen bleibt Wurzelraum stets begrenzt. Wurzeln nehmen den vorhandenen Platz oft erstaunlich schnell ein, was man vor allem bei Jungpflanzen, die in kleinen Töpfen herangezogen werden, sehr rasch bemerkt. Die Wurzeln wachsen aus Platzmangel dann aus den Abzugslöchern im Gefäßboden oder aus der Not heraus auf dem Gefäßboden im Kreis weiter. Solche Pflanzen leiden dann sehr, wenn man sie verpflanzt oder umtopft. Unweigerlich wird das Wurzelgeflecht beschädigt und verkleinert, die verbliebenen Wurzeln können die oberirdischen Teile nur schwierig versorgen. Deshalb sollten Sie darauf achten, dass Sie nur getopfte Pflanzen erwerben, deren Wurzeln noch ausreichend Raum im Gefäß haben – und dass Sie z. B. Kübelpflanzen beizeiten in größere Gefäße umtopfen.

WURZELN MIT SYSTEM


Aus einem winzigen, zarten Würzelchen, das ein Pflanzenkeimling als Erstes aus dem Samenkorn ins Erdreich schiebt, entwickelt sich bald etwas Großes – und zwar ein ausgedehntes Wurzelsystem. Je nach Pflanzenart, aber auch abhängig von den Wachstumsbedingungen können sich solche Wurzelgeflechte voneinander unterscheiden. Doch wer kennt schon das, was vor unseren Blicken verborgen unter der Erde gedeiht?

Wurzelwissen hilft weiter

Wer kräftiges Blattwerk, prächtige Blüten und reiche Ernte erwartet, muss sich unbedingt um die Wurzeln kümmern. Denn von ihnen hängt alles Gedeihen entscheidend ab, wenn nicht gar, wie bei Wurzelgemüse, der Ertrag selber. Das beginnt schon beim Säen, dann beim Pflanzen und setzt sich fort in der Pflege. Je älter Pflanzen werden, umso wichtiger ist es, Wurzeln in ihrer Charakteristik zu kennen und entsprechend zu handeln.

Rhizom- und Wurzelsperre

Bis hierher und nicht weiter: Zügeln Sie allzu verwegene Wurzeln, die in ihrem Ausbreitungsdrang schnell große Flächen einnehmen und alle anderen Pflanzen verdrängen können. Maiglöckchen, Bambus, Minze, Himbeeren, Topinambur, Chinaschilf, Zebragras und Sanddorn bekommen deshalb am besten eine Wurzelsperre (empfehlenswert sind spezielle Folien für diesen Zweck). Das hilft aber auch gegen Unkräuter, wenn Sie sie am Eindringen ins Beet hindern möchten (z. B. Giersch, Brennnessel).

Tief- und Flachwurzler

Mehr vertikal oder eher horizontal orientiert? Prinzipiell lassen sich so völlig unterschiedliche Wurzelsysteme beschreiben, die sich als Tiefwurzler bzw. als Flachwurzler entwickeln.

Tiefwurzler wie Eiche, Walnuss, Birnbaum, Weinrebe, Lavendel, Rose, Besenginster, Herbst-Anemone, Türken-Mohn oder Winter-Endivie haben sich mit einem vorwiegend nach unten gerichteten Wurzelsystem an Bedingungen angepasst, die durch Sommertrockenheit und leichten Sand- und Kiesboden entstehen. Sie müssen sturmstabil verankert sein, Wasser in großen Tiefen erschließen. Aber sie finden auch auf trockenen, tiefgründigen Böden ebenso wie in Ritzen und Spalten guten Halt. Als Sonderfall gliedert man Pfahlwurzler hier ein, die eine ausgeprägte Hauptwurzel in die Tiefe schicken – sehr eindrucksvoll etwa beim Löwenzahn, weshalb er zu einem hartnäckigen Wurzelunkraut abgestempelt wird, dem wir im Garten mit Spezialwerkzeugen zu Leibe rücken. Vorteil: Tiefwurzler muss man selbst bei längerer Trockenheit kaum gießen. Nachteil: Ein Verpflanzen gestaltet sich sehr schwierig.

Hortensien gehören zu den Flachwurzlern, sie beanspruchen daher ein recht weites Terrain ohne Konkurrenz durch andere Gewächse, um genügend Wasser und Nährstoffe aufnehmen zu können.

Flachwurzler wie Magnolien, Lebensbaum, Hortensien, Birke, Waldrebe, Johannisbeere, Kartoffelrose, Edelginster oder Pflücksalat können dank eines tellerförmigen, sich oft weit über die überirdischen Ausmaße erstreckenden Wurzelsystems auch auf Stein mit geringer Erdauflage überleben und Niederschläge sofort auffangen. Vorteil: Geeignet für Standorte auf...